14 Mythen im Arbeitsrecht
Nicht alles, was im Arbeitsrecht landläufige Meinung ist, ist auch richtig. So kann ein gut gemeinter Rat sich schnell als Fallstrick herausstellen. „Es geht dabei nicht um rechtliche Randbereiche, die in einem von 1.000 Fällen zutreffen, sondern um Informationen, die jeder einmal brauchen kann“, sagt AK-Arbeitsrechtsexperte Heimo Typplt. Schließlich sind die Beraterinnen und Berater der Arbeiterkammer oft mit Fragen wie „Muss ich Überstunden machen?“ oder „Kann man mich im Krankenstand kündigen“ konfrontiert. Die Antwort fällt im Gespräch dann oft nicht so aus wie von den Rat Suchenden vermutet. Im Ernstfall zahlt der Unwissende drauf. Deshalb haben wir die wichtigsten Mythen im Arbeitsrecht zusammengefasst. Wer sich über seine Rechte unsicher ist, sollte trotzdem in jedem Fall eine Beratung bei der Arbeiterkammer in Anspruch nehmen.
Mythos 1 - Gekündigt werden muss immer schriftlich
Die Fakten: Mit einigen wenigen Ausnahmen gilt auch die mündliche Kündigung. Sogar wenn die schlechte Nachricht von einem Dritten überbracht wird. Die Frist, um etwas dagegen zu unternehmen beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem man von der Kündigung erfährt.
Mythos 2 - Ich kann berechtigte Ansprüche nicht verlieren
Die Fakten: Viele Kollektiv- und Einzelverträge enthalten Verfallsklauseln. Nach zum Beispiel drei Monaten sind dann offene Ansprüche wie Überstunden dahin, wenn sie nicht innerhalb einer festgelegten Frist geltend gemacht wurden.
Mythos 3 - Unfaire Klauseln im Arbeitsvertrag gelten nicht
Die Fakten: Prinzipiell gilt, was man unterschrieben hat. Einzige Ausnahme: Die Klausel ist klar gegen das Gesetz. Man sollte also nach Möglichkeit unfaire Klauseln herausverhandeln oder den Vertrag noch vor Unterzeichnung kontrollieren lassen.
Mythos 4 - Bei einer „Einvernehmlichen“ gelten die gleichen Regeln wie bei Kündigung
Die Fakten: In diesem Fall gibt es keine Fristen und Termine. Das Arbeitsverhältnis endet so wie es in der Einvernehmlichen Lösung vereinbart wird. Ist sie erstmal unterschrieben, kann sie auch nicht mehr zurückgenommen werden.
Mythos 5 - Im Krankenstand kann man mich nicht kündigen
Die Fakten: Ihr:e Arbeitgeber:in kann Sie auch im Krankenstand kündigen, und selbst dann, wenn es ein Arbeitsunfall war. Allerdings müssen die geltenden Fristen und Termine eingehalten werden.
Übrigens: Wenn Ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich während eines Krankenstands beendet wird, muss Ihr:e Arbeitgeber:in das Gehalt auch über das Ende des Vertrags hinaus weiterzahlen, solange der Anspruch besteht. Das gilt auch, wenn die Auflösung mit Blick auf einen bevorstehenden Krankenstand erfolgt.
Mythos 6 - Ich muss mich nicht unverzüglich krank melden
Die Fakten: Als Arbeitnehmer:in sind Sie in der Pflicht, ihrer Arbeitgeber:in sofort Bescheid zu geben, wenn Sie krank sind und nicht zur Arbeit kommen können. Diese Regel gilt übrigens immer – egal ob später eine ärztliche Bestätigung für den Krankenstand verlangt wird oder nicht.
So muss auch die Krankmeldung schnellstmöglich beim Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin landen. Sie können das persönlich machen, jemanden damit beauftragen oder die Krankschreibung per Post schicken. Vielen Arbeitgeber:innen genügt mittlerweile auch ein Foto per Mail. Aber fragen Sie sicherheitshalber nach, was im Unternehmen üblich ist!
Wichtig: Verlangt Ihr:e Arbeitgeber:in die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung, dann kommen Sie dem nach. Denn andernfalls verlieren Sie den Anspruch auf die Weiterzahlung Ihres Entgelts.
Mythos 7 - In der Krankschreibung muss nur stehen, dass ich krank bin
Die Fakten: Die Krankmeldung braucht mehr Details: Von wann an Sie krank sind, wann der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit ist und was der Grund für Ihre Arbeitsunfähigkeit ist. Also ob es sich um eine allgemeine Erkrankung oder einen Arbeitsunfall bzw. eine Berufskrankheit handelt. All das muss draufstehen.
Aber: Die ärztliche Diagnose ist Ihre Privatsache. Sie müssen Ihrem Chef oder Ihrer Chefin nicht auf die Nase binden, was Ihnen fehlt – auch dann nicht, wenn er:sie direkt danach fragt.
Mythos 8 - Ich brauche im Krankenstand erst nach drei Tagen eine Arztbestätigung
Die Fakten: Das Gesetz sieht vor, dass Ihr:e Arbeitgeber:in schon ab dem ersten Krankenstandstag eine ärztliche Krankschreibung verlangen kann. Aber: Viele Unternehmen sind da heute entspannter und verlangen die Krankschreibung erst später – zum Beispiel ab dem zweiten, dritten oder vierten Tag. Fragen Sie am besten einfach nach, wenn Sie sich krankmelden.
Übrigens: Eine Bestimmung im Arbeitsvertrag, laut der Sie im Falle einer Erkrankung automatisch eine ärztliche Bestätigung vorzulegen haben, hält nicht. Die Vorlage muss aus Anlass eines Krankenstands verlangt werden.
Mythos 9 - Ich darf im Krankenstand nicht nach draußen
Die Fakten: Sie dürfen nichts tun, was Sie länger krank macht und müssen schauen, dass Sie so schnell wie möglich wieder gesund werden. Bei einer Grippe heißt das: Bleiben Sie im Bett und gehen Sie nur raus, wenn's sein muss – zum Beispiel zum Arzt oder zur Apotheke.
Bei manchen Krankheiten tut frische Luft und Bewegung aber richtig gut! Was okay ist und was nicht, entscheidet übrigens Ihr:e Ärzt:in – nicht Ihr:e Arbeitgeber:in. Fragen Sie im Zweifel bei Ihr:er Ärzt:in nach.
Mythos 10 - Ich darf meine Krankheit nur bei mir zuhause auskurieren
Die Fakten: Wenn Sie sich bei Familie oder Freund:innen besser erholen können, dann ist das völlig in Ordnung. Wichtig ist nur: Sagen Sie Ihrer Krankenkasse Bescheid, wenn Sie woanders hingehen. Für Auslandsaufenthalte brauchen Sie vorher grünes Licht von der Kasse.
Mythos 11 - Angeordnete Überstunden müssen immer abgeleistet werde
Die Fakten: Wegen wichtigen persönlichen Gründen wie Kinderbetreuung können Überstunden auch abgelehnt werden.
Mythos 12 - Über meinen Urlaub entscheidet letztendlich der Chef
Die Fakten: Weder der Arbeitnehmer, noch der Arbeitgeber können das einseitig entscheiden. Urlaub muss einvernehmlich vereinbart werden. Beide Seiten können ungünstige Zeiträume ablehnen.
Mythos 13 - Bevor man mich wegen Versäumnissen entlassen kann braucht es eine Abmahnung
Die Fakten: Nicht jede Entlassung braucht vorher eine Abmahnung. Nur bei bestimmten Gründen muss vorher abgemahnt werden, zum Beispiel wenn man zu spät zur Arbeit kommt.
Mythos 14 - Ältere Arbeitnehmer sind praktisch unkündbar
Die Fakten: Falsch, es gibt in Österreich keinen besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer. Der Praxis zeigt, dass im Gegenteil immer mehr ältere Arbeitnehmer gekündigt werden.