Leistungen bei Arbeitslosigkeit in grenzüberschreitenden Fällen

Arbeitslosengeld ist eine Leistung, die Arbeitslose in Österreich erhalten, wenn sie eine gewisse Zeit lang arbeitslosenversichert gearbeitet haben. Wenn eine Person vor ihrer Arbeitslosigkeit nur in Österreich gelebt und gearbeitet hat, ist das Arbeitsmarktservice (AMS) für die Prüfung und gegebenenfalls für die Gewährung der Leistung zuständig. Das AMS berücksichtigt dabei nur das nationale österreichische Recht. 

Komplizierter wird es, wenn Beschäftigung und Wohnsitz in verschiedenen Staaten liegen bzw. gelegen haben. Wenn es sich bei den betreffenden Staaten um EU-Staaten (oder Island, Norwegen, Liechtenstein und die Schweiz) handelt, kommt zusätzlich zum nationalen Recht die EU-Verordnung 883/2004 zur Anwendung. Diese regelt, welcher der beteiligten Staaten im konkreten Fall für die Gewährung des Arbeitslosengeldes zuständig ist, wie ggf. ausländische Beschäftigungszeiten und der Verdienst im Ausland zu berücksichtigen sind, und ob man Arbeitslosengeld auch bekommen kann, wenn man sich zur Arbeitssuche in einen anderen EU-Staat begibt.

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Das müssen Grenzgänger:innen wissen

Als Grenzgänger:innen gelten Personen, bei denen sich Beschäftigungs- und Wohnstaat unterscheiden, die aber in der Regel täglich, jedoch mindestens einmal wöchentlich in ihren Wohnstaat zurückkehren. Unechte Grenzgänger:innen sind Personen, bei denen sich Wohn- und Beschäftigungsstaat ebenfalls unterscheiden, die jedoch seltener in den Wohnstaat zurückkehren. Unter Wohnstaat versteht man jenen Staat, in dem der Mittelpunkt der Interessen der betroffenen Person gelegen ist.

Grenzgänger:in und arbeitslos: Was nun?

Bei Grenzgänger:innen ist zu unterscheiden: Bleibt die arbeitslose Person auch nach Eintritt der Arbeitslosigkeit im bisherigen Wohnstaat wohnen, ist dieser Staat für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zuständig.

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Die nunmehr arbeitslose Person wohnt in Deutschland mit ihrer Familie, arbeitete bisher in Österreich und kehrte täglich nach Deutschland zurück. Hier ist Deutschland für Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständig. Nur dann, wenn die arbeitslose Person jedenfalls vor Erhalt von Leistungen und vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ihren Wohnort – also den Mittelpunkt der Lebensinteressen – in den Beschäftigungsstaat (hier: Österreich) verlegt, ist Österreich zuständig.

Bei unechten Grenzgänger:innen hängt die EU-rechtliche Zuständigkeit von der Frage ab, ob die arbeitslose Person bei Eintritt der Arbeitslosigkeit in ihren Wohnstaat zurückkehrt oder ob sie im Beschäftigungsstaat verbleibt.  Bei einem Verbleib im Beschäftigungsstaat ist dieser für Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständig. Dies gilt auch dann, wenn der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach wie vor im Wohnstaat anzunehmen ist. Ob ein Verbleib im Beschäftigungsstaat vorliegt, ist laut Rechtsprechung im Einzelfall zu beurteilen. 

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Die arbeitslose Person hat ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland (z.B. lebt ihre Familie in Deutschland, die arbeitslose Person kehrt einmal im Monat nach Deutschland zurück, hat ihr Auto am Wohnsitz in Deutschland angemeldet, geht in Deutschland zum Arzt etc.), hat jedoch in Österreich gearbeitet und hier eine Mietwohnung bewohnt. Auch nach Eintritt der Arbeitslosigkeit verbleibt sie in Österreich, weil sie hier wieder Arbeit finden will. Hier ist Österreich für das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe zuständig. Kehrt die arbeitslose Person hingegen in ihren Wohnstaat zurück, ist dieser für das Arbeitslosengeld zuständig.  

Arbeitslosengeld bei Arbeitssuche in einem anderen EU-Staat

Hier sind jene Fälle gemeint, in denen die Zuständigkeit bereits feststeht und ein Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit besteht. Die EU-Verordnung 883/2004 ermöglicht die „Mitnahme“ (auch „Export“ genannt) des Arbeitslosengeldes, wenn sich die arbeitslose Person zur Arbeitssuche in einen anderen EU-Staat begibt. Die arbeitslose Person muss sich dafür vor der Abreise vier Wochen lang der Arbeitsverwaltung (z.B. AMS) des für die Auszahlung der Leistung zuständigen Staates zur Verfügung stellen, wobei die zuständige Arbeitsverwaltung eine frühere Abreise genehmigen kann. In weiterer Folge muss sich die arbeitslose Person im EU-Staat, in den sie sich begibt, innerhalb von sieben Tagen ab der Abreise arbeitssuchend melden und die dortigen Rechtsvorschriften befolgen. In Ausnahmefällen kann diese Meldefrist verlängert werden. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, erhält die arbeitslose Person drei Monate lang vom AMS die Leistung weiterbezahlt, außer die Anspruchsdauer ist kürzer. Der Bezugszeitraum von drei Monaten kann auf höchstens sechs Monate verlängert werden.

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Die arbeitslose Person hat längere Zeit in Österreich gelebt und gearbeitet, ist arbeitslos geworden und hat einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Sie möchte künftig in Spanien arbeiten, hat im Vorfeld aber noch keinen Job in Spanien gefunden. Sie kann nach den oben dargestellten Regeln vier Wochen (wenn das AMS einverstanden ist auch früher) nach Eintritt der Arbeitslosigkeit nach Spanien reisen und dort in der Zeit der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate lang (wenn das AMS einverstanden ist auch bis zu sechs Monate lang) Arbeitslosengeld aus Österreich erhalten.

Wichtig: In den ersten vier Wochen der Arbeitslosigkeit muss die arbeitslose Person grundsätzlich in Österreich arbeitslos gemeldet sein und sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen. Wird in diesem Zeitraum erfolgreich eine zumutbare Stelle vermittelt, ist die Arbeitslosigkeit beendet und kann das Arbeitslosengeld nicht nach Spanien „mitgenommen“ werden.

Arbeitslosengeld bei Anspruch in der EU und Arbeitssuche in Österreich

In diesem Fall ist prinzipiell trotz Umzug nach Österreich der Staat der letzten Beschäftigung für Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständig. Das AMS in Österreich ist nur dann für Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständig, wenn die arbeitslose Person vor der Antragstellung auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe zumindest einen Tag lang arbeitslosenversicherungspflichtig in Österreich beschäftigt war. Die entsprechende Bestimmung ist als „Ein-Tages-Regel“ bekannt. Wenn diese Regel erfüllt ist, werden für die Prüfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld die Beschäftigungszeiten im Ausland mit jenen aus Österreich zusammengerechnet. Die Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld bildet ausschließlich das Entgelt der letzten Beschäftigung.

Liegt eine Beschäftigung im Sinne der „Ein-Tages-Regel“ nicht vor, ist nach wie vor der betreffende Beschäftigungsstaat im EU-Ausland für die Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständig. Hier ermöglicht die VO 883/2004 aber für eine gewisse Zeit die „Mitnahme“ des Arbeitslosengeldes in einen anderen EU-Staat (siehe oben).

Arbeitslosengeld-Berechnung für Grenzgänger:innen mit österreichischem Wohnsitz

Da hier prinzipiell Österreich als Wohnstaat für die Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständig ist, die Beschäftigung vor der Arbeitslosigkeit aber in einem anderen Staat war, benötigen die Grenzgänger:innen das Formular U1 (früher E 301). Dieses Formular wird von der Arbeitsverwaltung des Beschäftigungsstaates ausgestellt und ist dem AMS vorzulegen. Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Arbeitslosengeldes wird der letzte Verdienst im Beschäftigungsstaat herangezogen. 

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