22.12.2022

Erhebung der häuslichen Betreuungs- und Pflegesituation

In Zeiten des Personalmangels und der Teuerung bleibt oft keine andere Möglichkeit als die notwendige Pflege und Betreuung in die eigenen vier Wände zu verlagern. Die AK Salzburg wollte es genau wissen und hat die Situation von pflegebedürftigen Salzburger:innen und deren Angehörigen erhoben. Die Ergebnisse zeigen: Die Betreuung zu Hause erfolgt meist, weil keine andere Wahl bleibt. Entschärft würde die Situation zumindest mit mehr Unterstützung durch die mobilen Dienste – diese scheitert jedoch am herrschenden Personalmangel oder an den Kosten.

Die Befragung zeigt: Die Pflege ist und bleibt weiblich und wird in drei Viertel aller Fälle privat organisiert. In 76 Prozent der Fälle, in denen Angehörige die Pflege übernehmen, sind das Frauen. Für viele ist das nur deshalb möglich, weil sie bereits in Teilzeit beschäftigt sind. Teils muss auch die Arbeitszeit reduziert werden. Teilzeitarbeit über einen längeren Zeitraum hat massive finanziellen Folgen.

Negative finanzielle Folgen von Teilzeitarbeit

Eine Frau reduziert ihre Erwerbstätigkeit für 5 Jahre von 40 auf 2 Stunden, um ihre Mutter in häuslicher Umgebung zu pflegen. Bisher verdiente sie 2.800 Euro brutto bzw. 1.955,27 Euro netto monatlich. Durch die Arbeitszeitreduktion verliert sie rund 55.000 Euro netto in 5 Jahren. Außerdem verringert sich ihre Beitragsgrundlage zur Pension. Bei einem Pensionsantritt mit 65 Jahren und einer Lebenserwartung von 84,6 Jahren verliert sie 34.190 Euro brutto (jährliche Aufwertung nicht miteingerechnet).

Mobile Dienste werden selten in Anspruch genommen

Nur 23,3 Prozent der Pflegebedürftigen nehmen neben der Betreuung durch Angehörige auch mobile Dienste, wie etwa eine Hauskrankenpflege, in Anspruch. Ein Großteil (70 Prozent) jener, die bereits mobile Dienste in Anspruch nehmen, haben eigentlich mehr Bedarf. Mobile Dienste werden jedoch nicht bzw. nicht in einem höheren Ausmaß in Anspruch genommen, weil einerseits das Personal fehlt und andererseits die Kosten für eine professionelle Betreuung zu hoch sind.

beispiel

Ein Beispiel aus der Beratung zeigt, wie dramatisch die Situation ist:

Die 77-jährige Frau R. betreut ihren bettlägerigen Ehemann (74). Aufgrund seines enormen Pflegeaufwands bezieht er Pflegegeld der Stufe 6. Dieses steht ab einem monatlichen Pflegebedarf von 180 Stunden zu. Obwohl Frau R. dringend mehr professionelle Unterstützung bräuchte, scheitert diese am Pflegepersonalmangel. Bislang hat sie nur Absagen bekommen bzw. wurde auf eine Warteliste eines mobilen Dienstes gesetzt. Lediglich die Wundversorgung wird zwei Mal wöchentlich von einem mobilen Dienst übernommen.

Peter Eder: „Politik muss im Pflegebereich handeln“

„Seit mehr als einem Jahrzehnt ist der Bedarf an Pflegekräften bekannt. Die Politik hat jedoch zu wenig getan um gegenzusteuern. Das Versorgungsproblem im Gesundheits- und Pflegebereich verlagert sich deshalb immer stärker in die eigenen vier Wände, wo professionelle Unterstützung fehlt. Das kann es nicht sein. Es braucht jetzt dringend Maßnahmen.“

Mehr Personen in die Pflege

  • Ausbildungsoffensive durch Informationskampagnen an den Pflichtschulen
  • Sofortige Schaffung des Angebots eines 4-semestrigen Bachelor-Studiengangs
  • Sicherung der Durchlässigkeit von der Heimhilfe zum Diplom
  • Finanzierung von Diplomausbildungen an den GuK-Schulen, solange es gesetzlich möglich ist, durch die Tragung der Ausbildungskosten der Einrichtungen
  • Schaffung eines One-Stop-Shops für Pflegefachkräfte mit Ausbildung im Ausland, die in Salzburg arbeiten wollen

Mehr Angebot an Pflege und mehr Entlastung für pflegende Angehörige

  • Massiver Ausbau flächendeckender, qualitätsvoller und leistbarer mobiler Pflegeangebote
  • Ausweitung der Stundenkontingente bei den mobilen Diensten
  • Mehr Zeit pro Einsatz für die betreuenden Personen bei den mobilen Diensten
  • Abschaffung der Selbstbehalte in den mobilen Diensten
  • Flexiblere Angebote im Bereich der mobilen Dienste (z.B. Angebote an Tagesrandzeiten, in der Nacht und an Wochenenden und Feiertagen)
  • Flächendeckenden Ausbau des Projekts „Community Nurses" als Anlaufstelle auf Gemeindeebene für rechtliche und pflegerische Fragen sowie für die Forcierung von Gesundheitsförderungs- und Präventionsmaßnahmen
  • Mehr Trainings- und Schulungsangebote zur Stärkung der Kompetenzen und Ressourcen der pflegenden Angehörigen
  • Sofortige Informationsoffensive über die kostenlosen Versicherungsmöglichkeiten pflegender Angehöriger, z.B. mit einem dem Pflegegeldbescheid automatisch beigelegten Informationsschreiben



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