AK-Appell: "Keine zusätzlichen Hürden bei Integration aufbauen!"
Es ist kein Geheimnis, dass Migrantinnen und Migranten mit guten Qualifikationen in Österreich oft unter ihrem Ausbildungsniveau beschäftigt und entlohnt werden. Um hier gegenzusteuern, wurde das Instrument der Bewertung geschaffen. Dabei wird ein Gutachten erstellt, um Qualifikationen für die Arbeitsvermittlung sichtbar und nachvollziehbar zu machen. „Die Bewertung von akademischen Ausbildungen ist eine wichtige Voraussetzung für die faire Teilnahme von jenen Menschen am Erwerbsleben. Sie war bislang kostenlos und trägt zu mehr Chancengerechtigkeit und damit zu einer besseren Integration am Arbeitsmarkt bei“, ist AK-Vizepräsident Othmar Danninger überzeugt.
Umso unverständlicher ist es, dass - obwohl mittlerweile bekannt ist, wie wichtig ein möglichst qualifizierter Einstieg in den Arbeitsmarkt für die Integration ist - hier neue Integrationshürden aufgebaut werden. Denn seit Frühjahr 2017 müssen sich Migrantinnen und Migranten, die beim Ministerium einen Antrag auf die Bewertung ihrer ausländischen Hochschulqualifikation stellen, an den Kosten beteiligen.
Bewertungs-Kosten für viele nicht leistbar
Für die Zeugnisbewertung einer ausländischen Hochschulqualifikation werden bei der im Ministerium zuständigen Stelle 150 Euro für die Bewertung von bis zu zwei Qualifikationen pro Antrag und 200 Euro für die Bewertung von drei oder mehr Qualifikationen pro Antrag fällig.
„Absolut und auf den ersten Blick mag diese Summe nicht sehr hoch erscheinen“, so Stefan Bogner von der AK-Sozialpolitik, „bedenkt man aber, dass etwa arbeitsuchende anerkannte Flüchtlinge diese Kosten aus den Mitteln der Mindestsicherung oder der Arbeitslosenunterstützung aufbringen müssen, ist die jetzt auf einmal verlangte Kostenbeteiligung beträchtlich.“. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kosten vorab und ausschließlich mittels Kreditkarte bezahlt werden können.
Dies zeigt der Fall des jungen Afghanen Mustafa H.: Der 31-jährige hat aus seiner Heimat einen Hochschulabschluss im Agraringenieurwesen mitgebracht, den er für den Einsatz am österreichischen Arbeitsmarkt bewerten lassen wollte. Für den Zeitraum seiner Arbeitsuche ist er auf Unterstützung durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen - und verfügt natürlich über keine Kreditkarte. Als alleinstehende Person erhält er monatlich 844,46 Euro, wobei er 211,11 Euro davon für seine Wohnung braucht. Von den restlichen 633,35 Euro, die für seinen Lebensunterhalt vorgesehen sind, müsste er demnach fast ein Viertel seines übrigen Geldes aufwenden, um seine vorhanden Qualifikation sichtbar zu machen.
AK fordert Kostenbeteiligung zu überdenken
„Zu oben genannten Beträgen kommen oft noch Übersetzungskosten von Diplomen und Zeugnissen, die mit der Kostenbeteiligung noch gar nicht abgedeckt sind. Die Möglichkeit, sich die Kostenbeteiligung über den ÖIF (Österreichischer Integrationsfonds) mittels Einreichung eines Förderantrages zurückerstatten zu lassen, ist nur ein schwacher Trost – denn wie bereits erwähnt, muss das Geld von den Betroffenen vorfinanziert werden“, berichtet Bogner.
„Diese Regelung ist eine sozial selektive Integrationshürde und ein bürokratischer Spießrutenlauf“, kritisiert Danninger, „anstatt eine Entwicklung zu unterstützen, von der sowohl die Antragstellenden als auch die Gesamtgesellschaft profitieren, werden einer gelingenden Integration hier unnötigerweise Steine in den Weg gelegt. Wenn Integrationsarbeit so leichtfertig zunichtegemacht wird, erscheinen Forderungen nach ‚Integration durch Leistung‘, absurd“ – der AK-Vizepräsident fordert die Politik auf, mehr Fingerspitzengefühl zu zeigen und eine für alle Seiten verträgliche, vernünftige und faire Lösung zu finden.