Viele Baustellen bei Gesundheitsversorgung
Auch wenn die Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung insgesamt hoch ist, sorgen vor allem bei Personen ohne Zusatzversicherung teils überlange Wartezeiten auf Behandlungstermine für Ärger. Viele Betroffene berichten uns dezidiert von einer bereits real existierenden „2-Klassen-Medizin“. In manchen Regionen fehlt die Versorgung fast gänzlich und die Patient:innen haben lange Wege zurückzulegen. Das sind die Hauptergebnisse unserer aktuellen Umfrage zur Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung im Bundesland Salzburg.Unsere Befragung (rund 1.400 online und etwa 100 telefonisch) von rund 1.500 Personen zeigt: Die hausärztliche Versorgung mit Kassenvertrag ist nach wie vor die zentrale erste Anlaufstelle bei medizinischen Fragen. Über 96 Prozent wenden sich zuerst an ihre Hausärztin bzw. ihren Hausarzt. Insgesamt zeigt sich eine hohe Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung – 7 von 10 Befragten haben uns angegeben, sehr oder eher zufrieden zu sein. Kritikpunkte beziehen sich vor allem auf lange Wartezeiten innerhalb der Ordinationen, zu wenig Zeit für Patient:innen und die zunehmende Knappheit an Kassenstellen.
„Weniger Wahlärzte, mehr Kassenärzte, um alle besser und gerechter behandeln zu können – das wäre dringend nötig“, so eine befragte Person.
Fachärzte: Fehlende Kassenstellen und lange Wartezeiten
Viel kritischer äußern sich die Befragten zur fachärztlichen Versorgung. Die Hälfte machte dazu Anmerkungen – besonders häufig wurde der Bedarf nach mehr Fachärzt:innen mit Kassenvertrag genannt, ebenso lange Wartezeiten und der Mangel an Kinderärzt:innen, vor allem im Lungau.
Ein:e Befragte:r fasst die Situation so zusammen: „Wartezeiten auf OP-Termine sind absolut zu lange – leider haben wir eine Zwei-Klassen-Medizin. Es braucht einfach mehr Ärzte, mehr Kassenverträge“.
„2-Klassen-Medizin“? Jede:r Vierte zieht Wahlärzt:innen vor
Über alle Fachrichtungen hinweg sind durchschnittlich mehr als 30 Prozent der Befragten in wahlärztlicher Betreuung. Hauptgründe dafür sind schnellere Termine, mehr Zeit im Gespräch und eine als besser empfundene Behandlungsqualität. Die durchschnittlichen Ausgaben für private Ärzt:innen liegen bei rund 879 Euro pro Jahr. Oder anders gesagt: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Befragten wendet bis zu 500 Euro jährlich, jede:r Fünfte (21,8 Prozent) zwischen 500 und 1.100 Euro und 5,6 Prozent über 3.000 Euro für private Gesundheitsausgaben auf. Generell verfügt etwa ein Drittel der Befragten über eine private Krankenversicherung.
Einige Stimmen aus der Umfrage verdeutlichen die Unterschiede im Zugang:
„Wenn ich nicht die Zusatzversicherung hätte, wäre es sehr schwierig, zeitnah Termine zu erhalten … Wir haben eine Zwei-, wenn nicht sogar Drei-Klassen-Medizin in Österreich.“
„Zunehmend ist man, wenn man nicht zusatzversichert ist, ein Patient zweiter Klasse…“
Große regionale Unterschiede
Besonders im Lungau wird der Mangel an Fachärzt:innen deutlich spürbar, wie 91 der Lungauer Befragten angeben. Mehrere Befragte berichten von monatelangen Wartezeiten, fehlenden Kinderärzt:innen, keinen Psychiater:innen oder fehlender Bereitschaftsdienste. Besonders augenscheinlich wird die mangelnde Versorgungslage in Salzburgs kleinstem Bezirk im Bereich der Gynäkolog:innen mit Kassenvertrag: Der Versorgungsgrad beträgt hier lediglich rund 25 Prozent der Frauen, die übrigen müssen auf eine wahlärztliche Versorgung zurückgreifen.
„Wir haben im Lungau zu wenige Fachärzte. Auf Haut- oder HNO-Termine müssen sogar Kinder im Akutfall monatelang warten.“
Zufriedenheit insgesamt hoch – aber Reformbedarf klar ersichtlich
Trotz der hohen Gesamtzufriedenheit (70 Prozent) sehen fast 60 Prozent der Befragten eine Verschlechterung des Gesundheitssystems in den letzten Jahren. Vor allem die Zwei-Klassen-Medizin und die langen Wartezeiten werden als Kernprobleme genannt. Zitate:
„Eine zeitnahe Behandlung sollte nicht davon abhängen, ob man sich einen Privatarzt leisten kann oder nicht.“
„Nicht jeder kann sich eine Zusatzversicherung leisten – aber jeder Mensch hat dasselbe Recht, gut behandelt zu werden.“
AK: Versorgung sichern, Wartezeiten verkürzen
Wir fordern, die Kassenärzte in allen Regionen Salzburgs zu stärken, den Fachärztemangel gezielt zu bekämpfen und den Ausbau von Primärversorgungszentren voranzutreiben. Konkret unter anderem durch:
- Verstärkten Ausbau der medizinischen Versorgung im niedergelassenen Bereich durch
- die Forcierung von Primärversorgungseinheiten, insbesondere auch im Bereich Frauen-, Kinder- und Jugendheilkunde,
- integrierte Versorgungszentren für chronisch Kranke (Diabetes- und psychosoziale Versorgung) in allen Versorgungsregionen,
- zusätzliche Planstellen im hausärztlichen und fachärztlichen Bereich.
- Attraktivierung der Kassenverträge – weg von der Einzelleistungsabrechnung hin zu einer Pauschalhonorierung bei allen Vertragsärzt:innen.
- Verstärkte Einbeziehung nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe.