Exoskelette – (k)ein Wundermittel?

Knochen-, Gelenk oder Muskelprobleme zählen zu den häufigsten arbeitsbedingten Gesundheitsproblemen in Österreich. Diese äußern sich vor allem in Form von Rückenschmerzen und anderen Muskel-Skeletterkrankungen (MSE), welche oft sehr eng mit physischen Fehlbeanspruchungen oder biomechanischen Überlastungen zusammenhängen. Insbesondere Erwerbspersonen in der Altersgruppe 50 bis 64 Jahre sind von MSE betroffen, wobei insgesamt nicht nur eine (relativ) hohe Anzahl an Krankenständen sondern häufig auch eine lange Dauer der Krankstände in den einschlägigen Statistiken ablesbar ist.

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Da diese Erkrankungen ­– neben dem persönlichen Leid der Betroffenen – hohe Kosten verursachen, überrascht es kaum, dass es vielerorts Bestrebungen gibt, Exoskelette zur Verhinderung von Muskel-Skelett-Erkrankungen einzusetzen und deren Anwendung auf unterschiedlichste Tätigkeitsbereiche und Arbeitsaufgaben auszudehnen.

So setzt beispielsweise das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Salzburg seit einigen Monaten als erstes Krankenhaus Österreichs Exoskelette in der Pflege ein. Nach wie vor umgibt den Einsatz von Exoskeletten eine Aura des „Innovativen“ und entsprechend hoch sind häufig auch die Erwartungen jener Unternehmen, die die Technologie einsetzen.

Allerdings entfalten Exoskelette immer eine komplexe Wirkung auf den menschlichen Körper und stehen wissenschaftliche Begleitstudien im Bereich der Arbeitsmedizin oder der Biomechanik/Arbeitsphysiologie erst am Anfang. Fest steht: Auch wenn jedes Exoskelett anders ist (und mit jeweils anderen Eigenschaften und Spezifikationen verbunden ist), so ist es insgesamt unklar, welche langfristigen Auswirken auf die Gesundheit zu erwarten sind.

Derzeit können weder verlässliche Aussagen über die Quantität einer potenziellen Belastungsreduktion und -umverteilung noch über etwaige gesundheitliche Vorteile oder Risiken durch eine regelmäßige Verwendung von Exoskeletten getroffen werden. Hierbei geht es beispielsweise um Wechselwirkungen zwischen Exoskelett-Unterstützung und natürlichen Muskelantworten, die zu laufenden (nicht linear vorhersehbaren) Modulationsmustern der Muskulatur führen oder um muskuläre Adaptionsprozesse, wie eine Zunahme der Belastungen anderer Muskelketten bei längerfristiger Nutzung.  

Zwar können Exoskelette unter bestimmten Umständen einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitssicherheit leisten und potenziell eine (punktuelle) Entlastung des Muskel-Skelett-Systems bei spezifischen Tätigkeiten bewirken. Aufgrund der nicht allgemein wissenschaftlich nachgewiesenen positiven Wirksamkeit stellen sie aber auch im Verständnis des ASchG keine persönliche Schutzausrüstung dar. Vielmehr fungieren sie als Assistenzsysteme und gelten rechtlich daher als Arbeitsmittel.

Vor diesem Hintergrund kommt der Gefährdungsbeurteilung der physischen Belastungen am Arbeitsplatz eine besondere Bedeutung zu. Sofern Maßnahmen erforderlich sind, ist nach dem bekannten STOP-Prinzip vorzugehen (Substitution vor technischen und organisatorischen Maßnahmen und persönliche Maßnahmen). In dieser Logik dürfen Exoskelette erst zum Einsatz kommen, wenn (alle) andere Maßnahmen nicht ausreichend sind. Oder anders gesagt: Bei allem Hype entbindet der Einsatz von Exoskeletten Unternehmer:innen keineswegs davon, zuerst die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsabläufe zu verbessern.

In diesem Kontext sollte eines nicht vergessen werden: Durch wirksame Präventionsmaßnahmen könnten viele Muskel-Skelett Erkrankungen vermieden oder gelindert werden. Dennoch existiert in Österreich keinerlei Verordnung, die Obergrenzen für das manuelle Heben und Tragen festlegt. Und auch sonst gibt es Verbesserungsbedarf bei den rechtlichen Rahmenbedingungen: Anders als etwa in Deutschland, befinden sich Muskel-Skeletterkrankungen nicht auf der Liste der anerkannten Berufserkrankungen.       

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