23.3.2022

Keine Tabus im Kampf gegen teures Wohnen

Eine aktuelle, im Auftrag der AK durchgeführte WIFO-Studie bestätigt die Kritik der Arbeiterkammer an den Gründen für die explodierenden Wohnpreise in Salzburg: „Demnach sind die Probleme kein Naturgesetz, sondern hausgemacht“, sagt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder, „das bisherige Handeln der Politik war entweder falsch oder zu wenig mutig und innovativ, um den exorbitanten Wohnkosten nachhaltig den Kampf anzusagen.“ Zu wenig sozialer Wohnbau, ein sehr hoher Anteil an Zweitwohnsitzen, zu wenig Neubau und ein eher starres Raumordnungskorsett in der Stadt Salzburg, das Flächen verknappt und damit nicht zuletzt den Wirtschaftsstandort Salzburg schwächt: „Um diesen Problemen Herr zu werden, darf es keine Tabus in der politischen Diskussion geben, das zeigt diese Studie eindeutig“, so Eder.     

Die Lage am Wohnungs- und Eigentumsmarkt in Salzburg wird für die Beschäftigten immer dramatischer. Die Mieten fressen immer höhere Teile der Einkommen auf. Wohnungseigentum ist vor allem für jungen Familien ohnehin bereits ein Fremdwort. Vor dem Hintergrund dieser explodierenden Wohnpreise in unserem Bundesland, wollte die Salzburger Arbeiterkammer – neben ihren eigenen Analysen – auch eine externe Meinung einholen. Deshalb hat die AK das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) beauftragt, eine Problemdiagnose für Salzburg zu erstellen. Das sind die Hauptergebnisse der WIFO-Analyse:

Spitzenwert bei Wohnkosten im Österreichvergleich

Im Bundesländervergleich der Quadratmetermieten liegt Salzburg mit 9,90 Euro an der Spitze, und auch im Bereich Eigentum (Wohnungen und Häuser) sind die Salzburger Bezirke durchwegs unter den teuersten Regionen Österreichs zu finden. Gleichzeitig ist die Wohnbauaktivität im Bundesland (zu) wenig dynamisch.

Anteil an sozialen Mietwohnungen unterdurchschnittlich

Mietwohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen und Gemeindewohnungen sind um 2,70, bzw. 3,60 Euro je Quadratmeter günstiger als private Mietwohnungen. Obwohl die Neubauleistung von sozialen Mietwohnungen zuletzt etwas zugenommen hat, ist der Anteil von sozialen Mietwohnungen in Salzburg mit 46 Prozent um 10 Prozentpunkte niedriger als im österreichischen Durchschnitt (56 Prozent). Der geringere Anteil des sozialen Mietwohnungssegments führt daher zu höheren Durchschnittsmieten in Salzburg.

Jeder zweite Mietvertrag in Salzburg ist befristet 

Der hohe Befristungsanteil entfällt zu wesentlichen Teilen auf private Hauptmietwohnungen, wo 63 Prozent der Mietverträge befristet sind (übertroffen wird Salzburg dabei nur von Tirol und Vorarlberg, wo der Anteil der Befristungen im privaten Mietwohnungsbereich noch höher liegt). Da Mietverhältnisse über 10 Jahre besonders günstig sind, führen große Anteile von befristeten Wohnungen über kürzere Mietdauern zu tendenziell höheren Preisen.

Hohe Wohnkosten auch im sozialen Wohnbau

Alle drei Wohnungssegmente weisen in Salzburg hohe Quadratmetermieten auf, was auf landesspezifische Faktoren als Treiber der Wohnkostenbelastung hinweist. Da sozialer Wohnbau in Salzburg besonders im Neubau überdurchschnittlich teuer ist, kann eine Dämpfung der Wohnkostenbelastung nur in einem gewissen Ausmaß durch (teuren) Neubau erreicht werden.

Hohe Wohnkosten belasten den Konsum privater Haushalte

Wie die regelmäßigen Einkommensanalysen der AK zeigen, finden sich die Einkommen der Salzburger unselbständig Beschäftigten im Österreichschnitt im unteren Drittel. Die hohen Wohnkosten wiegen damit doppelt schwer: Die Haushaltseinkommen sind nach Abzug der Wohnungsmiete in Salzburg niedriger als im österreichischen Durchschnitt: So bleiben nach Abzug der Wohnkosten den Salzburger Haushalten im Schnitt 1.241 Euro zum Leben (nur Tirol liegt mit 1.232 Euro vor Salzburg), während es im Österreichschnitt 1.313 Euro sind.


Geringste Wohnfläche österreichweit

Ein weiteres Problem: Die geringste Wohnfläche aller Bundesländer geht dabei einher mit Höchstwerten bei Überbelag, d. h. zu wenig Wohnraum für zu viele Bewohner und Bewohnerinnen (nur in Wien liegt der Anteil von Wohnungen mit Überbelag höher als in Salzburg). Hinzu kommt in Salzburg ein ausgesprochen hoher Anteil an Untermiete (1,8 Prozent), was ebenfalls auf einen Mangel an günstigem Wohnraum schließen lässt.

Hohe Wohnkosten schaden Wirtschaftsstandort

Die hohen Wohnkosten in Salzburg gefährden darüber hinaus auch die Mobilität und den Zuzug von Arbeitskräften, was sich vor dem aktuellen Fachkräftebedarf natürlich doppelt negativ für den heimischen Wirtschaftsstandort auswirkt.

Neubauleistung in der Stadt Salzburg besonders schwach

Während in den meisten anderen Bundesländern die Kernzonen schneller wachsen, verzeichnen in Salzburg die Außenzonen (Speckgürtel) und der ländliche Raum höhere Wachstumsraten. Die schwächere Neubauleistung in der Stadt Salzburg, wo weiterhin die meisten Arbeitsplätze liegen, schlägt sich in einer deutlichen Zunahme in den Pendeldistanzen bei Einpendlern in die Salzburger Kernzone nieder. Das wirkt sich auch negativ auf die Umwelt- und Energiebilanz in den ländlichen Regionen aus.

Trotz Neubau kaum Steigerung bei Hauptwohnsitzen 

Ähnlich wie Tirol (36 Prozent), entfällt in Salzburg mit 32 Prozent ein erheblicher Anteil des Neubaus auf Tourismusgemeinden, wo typischerweise ein hoher Anteil der Wohnungen als Nebenwohnsitz genutzt wird. Da dieser Neubau nur in Teilen als Hauptwohnsitzwohnungen auf den Markt kommt, ist die tatsächliche Wohnbaurate in Salzburg noch schwächer als dies die amtliche Statistik zunächst vermuten lassen würde. Hinzu kommt, dass der Anteil von Wohnungen ohne Hauptwohnsitzmeldung seit 2001 in praktisch allen Salzburger Gemeinden zugenommen hat. Der Abfluss von Hauptwohnsitzwohnungen ist demnach nicht auf Tourismusgemeinden beschränkt.

Die Baukosten höher als in den meisten anderen Bundesländern

In den 1990er Jahren kam es zu einer deutlichen Steigerung der Baukosten in Salzburg, die stärker als in den anderen Bundesländern ausfiel und seither nicht mehr korrigiert wurde. Bis dahin lagen die Baukosten in Salzburg nahe am österreichischen Durchschnitt, sind aber aktuell zwischen 10 und 15 Prozent höher. Die Baukosten können im Neubau je nach Bezirk zwischen 62 und 75 Prozent des Immobilienpreises erklären.

Grundkosten liegen im österreichischen Spitzenfeld

Die Medianpreise in der Salzburger Kernzone sind die höchsten Preise aller Bundesländer, wobei die Stadt Salzburg klarerweise eine herausragende Rolle für die hohen Grundpreise spielt. Die hohen Grundpreise in einigen Regionen/Bezirken erklären dabei auch zu einem großen Teil die beobachteten Unterschiede zwischen Immobilienpreisen und Baukosten. Höhere Grundkosten schlagen sich demnach direkt in höheren Immobilienpreisen nieder.

Baulandangebot: Spannungsfeld Leistbarkeit vs. Sparsamkeit 

Die Kompetenz der Flächenwidmung liegt bei den Gemeinden, die dadurch direkten Einfluss auf das Flächenangebot haben. Das zur Verfügung stehende Raumplanungs-Instrumentarium konzentriert sich vorrangig darauf, möglichst wenig Boden zu verbrauchen und Flächen einzusparen. Mit den Änderungen im Salzburger Raumordnungsgesetz 2017 soll nun der tatsächlichen Effizienz der raumplanerischen Tätigkeit vermehrt Beachtung geschenkt werden. Für eine Einschätzung, inwiefern beispielsweise die befristete Widmung von Bauland, eine monetäre Abgaberegelung für nicht widmungskonform genutztes Bauland sowie die neue Widmungskategorie für leistbares Wohnen ihre Wirkung entfalten können, ist es am aktuellen Rand noch zu früh.

Klar ist: Niedrige Baulandreserven korrelieren mit höheren Grundstückspreisen. So weisen Regionen mit mehr Baulandreserven tendenziell niedrigere Grundstückspreise je Quadratmeter aus. Auch die Mietpreise einer Region stehen in direktem Zusammenhang mit den Baulandreserven. Diese Ergebnisse sind als Indiz dafür zu sehen, dass das Baulandangebot ein wesentlicher Hebel für die Grundpreise darstellt.

Studie zeigt: es darf keine Tabus geben

Diese Ergebnisse bestätigen die bisherigen Kritikpunkte der AK: „Die Wohnkostenmisere im Bundesland Salzburg ist kein Naturgesetz, sondern fehlendem oder falschem politischen Handeln geschuldet“, resümiert AK-Präsident Peter Eder, „es ist hoch an der Zeit, mutige und innovative Lösungsansätze auf den Weg zu bringen, statt wie bisher durch Tatenlosigkeit oder Alibi-Aktionen zu glänzen. Speziell beim Thema der Baulandmobilisierung, was den größten Hemmschuh für günstigeres Wohnen darstellt, darf es keine Tabus in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion geben.“

Hier schließt sich der AK-Präsident der Empfehlung des WIFO an: „Anstatt durch eine sehr restriktive Widmungspolitik die Monopolmacht von Grundstückseigentümern zu stützen, und durch Angebotsverknappung weitere Wertsteigerungen der ungenutzten Baulandreserven quasi zu garantieren, sollten flexiblere und freizügigere Widmungen möglich gemacht werden. Die Studie unterstreicht eindeutig, dass es beim Kampf für leistbares Wohnen vor allem in der Stadt Salzburg keine Denkverbote geben darf."


Hier finden Sie die gesamte Studie:

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Hier finden Sie den Folder:

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AK-Forderungen

zur Senkung der Wohnkostenbelastung

Was es zur Verbesserung des Wohnungsangebotes im Bundesland zusätzlich von der Landesregierung braucht, fasst Eder zusammen:

  • 1.000 neue geförderte Mietwohnungen jährlich
  • Erhöhung des Anteils des sozial gebundenen Mietwohnraums, insbesondere in der Stadt Salzburg
  • Umfassende Zweckwidmung der Wohnbauförderungsmittel – vom Wohnbauförderungsbeitrag bis zu den Rückflüssen aus Altdarlehen
  • Finanzielle Unterstützung des Landes bei bodenpolitischen Maßnahmen für den geförderten (Miet-)Wohnbau
  • Mehr aktive Bodenpolitik in den Gemeinden zur Bereitstellung von leistbarem Bauland insbesondere für den geförderten Mietwohnbau
  • Verdichtete Bauformen bei Baulandsicherungsmodellen der Gemeinden und Berücksichtigung des (geförderten) Mehrgeschosswohnbaus
  • Grundsätzliche Vorgaben des Landes zum voraussichtlichen Wohnungsbedarf und seiner räumlichen Verteilung im Landesentwicklungsprogramm
  • Wirksame Leerstandsabgabe
  • Konsequente Verfolgung von unrechtmäßigen Zweitwohnungen und der Zweckentfremdung von Wohnungen

    Auch der Bund kann seinen Beitrag zu einer Senkung der Wohnkostenbelastung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am privaten Wohnungsmarkt leisten. Und zwar:
    • Ende der Befristung von Mietverträgen
    • Obergrenzen für Mieten für ausfinanzierte ältere Mietwohnungen

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