Buslenker:innen-Mangel im ÖV bekämpfen - durch Sozialkriterien bei Ausschreibungen und Abschaffung von Ausschreibungen nach dem „billigsten Preis“

Seit rund 15 Jahren praktizieren Verkehrsverbünde in Österreich den Ausschreibungswettbewerb bei Vergaben im regionalen Kraftfahrlinienverkehr. Der Salzburger Verkehrsverbund zählte zu den Pionieren beim Ausschreibungswettbewerb – der damals als alternativlos dargestellt wurde – andere Verkehrsverbünde ließen sich mehr Zeit und begannen mit dem Ausschreibungswettbewerb erst rund 10 Jahre später.

Die Versuche von ÖGB und AK mit dem Hinweis auf die Schweiz, sozialen Kriterien bei Vergabeverfahren einen hohen Stellenwert zu geben, wurden mit dem Verweis auf den EU-Rechtsrahmen und das österreichische Bundesvergabegesetz negiert, obwohl diese erhebliche Spielräume für die Berücksichtigung sozialer Kriterien bei Ausschreibungen bieten würden. Vergabe-Leitfäden zur verstärkten Berücksichtigung von sozialen Kriterien von Gewerkschaft vida und AK sowie seitens des damaligen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie wurden von den Bundesländern und den Verkehrsverbünden von Anfang an ignoriert. De facto finden die Ausschreibungen im Kraftfahrlinienverkehr daher nach dem Prinzip des „billigsten Preises“ statt.

Da im Kraftfahrlinienverkehr rund 70 Prozent der Kosten auf das Personal entfallen – wie der größte private Busunternehmer Dr. Richard bei einer Veranstaltung der Gewerkschaft vida 2010 in Salzburg anmerkte – war für die Gewerkschaft VIDA von Anfang an klar, dass der Ausschreibungswettbewerb auf dem Rücken der Buslenker:innen ausgetragen werden würde, was Dr. Richard damals in seinem Vortrag eindrucksvoll bestätigte.

Unternehmen, wie der ÖBB-Postbus, mit älterem und/oder besser bezahltem Personal und diversen Sozialleistungen kamen unter Druck und ältere Mitarbeiter wurden so früh wie möglich in den Ruhestand gedrängt. Neueinsteiger erhielten neue Arbeitsverträge mit deutlich schlechteren Löhnen und Arbeitsbedingungen. Selbst auf Busfahrer:innen bei Arbeitgebern, die nicht unmittelbar vom  Ausschreibungswettbewerb betroffen waren, strahlte das neoliberale Credo von Lohn- und Sozialleistungskürzungen aus.

So musste etwa beim O-Bus der Salzburg AG in der Stadt Salzburg im Jahr 2022 aufgrund des Busfahrer:innenmangels vom 10-Minuten-Takt auf den 15-Minuten-Takt umgestellt werden. Im September 2024 kehrten die Hauptlinien in den 10-Minuten-Takt zurück; die Aufrechterhaltung dieser Änderung wird weiterhin großer Anstrengung bedürfen.

Es darf nicht mehr sein, dass der (Fach-)Arbeitskräftemangel in der Busbranche wieder überhandnimmt. Das kann verhindert werden, indem sich die Branche – so wie früher – durch gute Löhne und gute arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen auszeichnet. 

Der Salzburger Verkehrsverbund versuchte 2022 mit der Imagekampagne „Lenk mich“ gegenzusteuern. Vida und AK verwiesen bereits zu Beginn dieser Imagekampagne darauf, dass eine „Imagewerbung“ allein zu wenig ist, wenn praktisch alle Branchen händeringend Personal suchen. Im Konkurrenzkampf um Arbeitskräfte zählen nämlich die harten Fakten, wie faire und existenzsichernde Löhne und zeitgemäße Sozialleistungen sowie soziale Absicherung des Arbeitsplatzes. Dem steht allerdings der Ausschreibungswettbewerb nach dem „billigsten Preis“ entgegen, der ja auch noch mit der zeitlichen Befristung der Vergaben der Linienbündel auf 8 Jahre einen weiteren Unsicherheitsfaktor für die Berufskarriere bzw. Lebensplanung von Busfahrer:innen bereithält! 

Zur Attraktivierung des Berufes Busfahrer:in fordert die AK, bei Ausschreibungen im Kraftfahrlinienverkehr die Leitfäden des Klimaschutzministeriums sowie von AK und Gewerkschaft vida zur Anwendung zu bringen. Außerdem gehört das Prinzip der Ausschreibung nach dem „billigsten Preis“ abgeschafft und angemessene Sozialkriterien sind verpflichtend vorzusehen.

Maßnahmen sind:

  • Sicherstellung einer fairen und existenzsichernden Entlohnung, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Wohn- und Lebenshaltungskosten im Bundesland Salzburg. Anpassung der Entlohnung und Erhöhung des Entlohnungsschemas für Einstiegsgehälter und insbesondere für länger beschäftigte Buslenker:innen, da die Löhne und Gehälter mittlerweile weit weg von guten Einkommen sind (Höhere Löhne oder freiwillige Sozialleistungen für die Beschäftigten dürfen für Unternehmen bei Vergabeverfahren kein Wettbewerbsnachteil mehr sein!)
  • Verbesserung des Arbeitsplatzes bzw. Arbeitsplatzumfeldes für Buslenker:innen, z.B. adäquate und zeitgemäße Pausen- und Sozialräume
  • Einführung flexiblerer Arbeitszeitmodelle nach den Bedürfnissen der Beschäftigten (keine Arbeit auf Abruf, insbesondere Verbot von geteilten Diensten mit stundenlangen unbezahlten Pausen, die von Regionalbuslenker:innen aufgrund der Distanz zum Wohnort nicht zu Hause verbracht werden kann)
  • Schaffung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Installierung eines Sicherheitssystems bei Übergriffen
  • Stärkung der Kommunikation mit und innerhalb der Fahrer:innen. Bessere Berücksichtigung der Wünsche/Anregungen der Lenker:innen in den Betrieben
  • Berufsbegleitende Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte
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