25.01.2024

Arbeitskräfte-Potenzial nutzen

Die Entwicklung am heimischen Arbeitsmarkt ist aus Sicht der AK außergewöhnlich: Während in Salzburg noch nie so viele Menschen wie im Jahr 2023 beschäftigt waren, hat gleichzeitig auch die Zahl der Arbeitslosen zugenommen. Im Vergleich zu den Krisenjahren, bleibt deren Zahl jedoch auf geringem Niveau. „Es gibt viele unterschiedliche Gründe für die Arbeitslosigkeit der Betroffenen. Sie haben gesundheitliche Probleme oder finden aufgrund ihres Alters keine neue Anstellung. Oft scheitert es aber auch an fehlender Kinderbetreuung oder die Qualifikation passt mit den Erfordernissen der Arbeitsstelle nicht zusammen“, weiß AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder. 

Arbeitskräftepotenzial nutzen und nicht Arbeitslose bestrafen

Das Potenzial ist vorhanden und muss lediglich gehoben werden. „Dazu müssen Arbeitssuchende allerdings unterstützt und qualifiziert werden. Sie zu bekämpfen ist hingegen der falsche Weg“, stellt der AK-Präsident klar. „Immer wieder angedachte Kürzungen beim Arbeitslosengeld, die Abschaffung von Zuverdienstmöglichkeiten oder härtere Zumutbarkeitsbestimmungen sind jedenfalls keine Lösungen, um die Menschen in Beschäftigung zu bringen.“ Stattdessen braucht es eine armutsfeste und existenzielle Absicherung bei Arbeitslosigkeit durch eine Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent und die Inflationsanpassung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit. 

Mit leistbarem Wohnraum Beschäftigte in Salzburg halten

Um den Arbeitskräftebedarf zu decken, gilt es vorhandene Beschäftigungspotenziale zu heben bzw. im Bundesland zu halten. Wie eine aktuelle WIFO-Studie im Auftrag der AK Salzburg zeigt, sind die hohen Wohnkosten mittlerweile zum Wettbewerbsnachteil für die heimische Wirtschaft geworden. So sind nach Abzug der Wohnkosten die verbleibenden Einkommen in Salzburg niedriger als im Bundesländer-Schnitt. Im Vergleich mit Oberösterreich und Niederösterreich fallen sie beispielsweise um 20 Prozent geringer aus. Um den hohen Wohnkosten zu entkommen, verlassen viele Beschäftigte den Zentralraum. Häufig fehlen sie dann dem Salzburger Arbeitsmarkt. Ein Beleg dafür ist der negative Binnenwanderungssaldo. So sind in den vergangenen 20 Jahren rund 26.000 Menschen mehr weg- als zugezogen. „Die Politik muss mehr Einsatz an den Tag legen und für leistbaren Wohnraum auch im Zentralraum sorgen. Das kann nur gelingen, wenn der Wohnungsmarkt mit seinen eigenen Waffen geschlagen wird. Das Motto muss lauten: Bauen, bauen, bauen.“

Weitere Arbeitskraft-Potenziale sieht der AK-Präsident in der Qualifizierung und Integration von Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund insbesondere durch die schnelle Anerkennung der mitgebrachten Kompetenzen. Wichtig ist auch die Steigerung des Beschäftigungsausmaßes von Frauen und die Erhöhung der Beschäftigungsquote von älteren Arbeitnehmer:innen. So arbeiten 53,3 Prozent der unselbstständig beschäftigten Frauen in Teilzeit. Bei Frauen mit Kindern unter 15 Jahren sind es sogar 82,1 Prozent. Als Begründung für ihre Teilzeitbeschäftigung nennen 40 Prozent Kinderbetreuung bzw. Pflege.  

Kinderbetreuungsangebot ausbauen

„Hier ist der Ausbau der Infrastruktur das Gebot der Stunde“, ist Eder überzeugt. Noch immer hat nur die Hälfte aller Einrichtungen in Salzburg länger als 9 Stunden täglich geöffnet. 25 Prozent der Kindergärten im Bundesland schließen vor 14 Uhr, mehr als drei Viertel vor 17 Uhr. Zudem werden nur 26 Prozent der unter 3-jährigen Kinder institutionell betreut. „Zu kurze Öffnungszeiten, die sich nur schlecht mit der geforderten Arbeitszeit vereinbaren lassen, sind der Hauptgrund für die hohe Teilzeitbeschäftigung von Frauen“, weiß AK-Präsident Peter Eder.

Vorhandene Betreuungslücken können aus Sicht der AK nur mit qualifiziertem Personal geschlossen werden. „Das befristete Vorhaben der Landesregierung, dass Assistent:innen die Gruppenführung übernehmen, ist kontraproduktiv. Es braucht einen raschen Ausbau aller Ausbildungsschienen inklusive einer verbesserten Durchlässigkeit, Qualifizierungsangebote für Zusatzkräfte und Berufsumsteiger:innen und die Ausweitung des Lehrgangs ,Fachkraft frühe Kindheit‘ auf den Bereich der 3- bis 6-jährigen Kinder. Außerdem sind Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen wie kleinere Gruppengrößen und bessere Betreuungsschlüssel dringend notwendig, um Personal zu bekommen und zu halten“, erklärt der AK-Präsident.

Mehr 60- bis 65-Jährige in Beschäftigung bringen

Beschäftigungspotenziale sieht Eder aber auch bei älteren Beschäftigten. Nachdem es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen ist, die Beschäftigungsquote der Altersgruppe der 55- bis 60-Jährigen beträchtlich zu erhöhen, kann dies auch in der Altersgruppe der 60- bis 65-Jährigen gelingen. Von 55 bis 60 Jahre sind 87,9 Prozent der Männer und 79,6 Prozent der Frauen beschäftigt. Im Alter von 60 bis 65 Jahren sind hingegen nur 47,5 Prozent der Männer und 17,4 Prozent der Frauen erwerbstätig. Die Anhebung der Beschäftigungsquote bei den 60- bis 65-Jährigen auf ein Niveau wie bei den 55- bis 60-Jährigen würde 25.000 zusätzliche Arbeitskräfte bedeuten (10.000 Männer und 15.000 Frauen). „Es ist der falsche Weg immer nur über Arbeit in der Pension zu sprechen. Vielmehr muss es gelingen, dass mehr Menschen von 60 bis 65 Jahre arbeiten. Noch immer werden sie viel zu selten von den Betrieben als wertvolle Arbeitskräfte geschätzt bzw. scheiden aus gesundheitlichen Gründen aus dem Erwerbsleben aus“, weiß Eder.

Um Menschen länger in Beschäftigung zu halten, wird es großer Anstrengungen bedürfen. So hat der Arbeitsklima Index der AK Salzburg in Sachen psychischer Gesundheit ergeben, dass 33 Prozent der Salzburger Beschäftigten sich nicht vorstellen können, gesund bis zum regulären Pensionsalter zu arbeiten. Knapp drei Viertel sagen, dass der Arbeitsdruck in den vergangenen Jahren zugenommen hat. In diesem Zusammenhang fordert der AK-Präsident altersgerechte Arbeitsplätze sowie bessere Arbeitsbedingungen, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Es braucht zudem Anreize für Betriebe, damit diese vermehrt ältere Arbeitslose einstellen oder ältere Mitarbeiter:innen behalten. Außerdem müssen Verschlechterungen bei der Altersteilzeit zurückgenommen werden, damit Beschäftigte mit gesundheitlichen Einschränkungen beziehungsweise belastenden Arbeitsbedingungen bis zum Pensionsanritt im Berufsleben bleiben können. 

Kritik an neuem Kombilohnmodell

Kritsch sieht AK-Präsident Peter Eder das vergangenen Dienstag vorgestellte neue Kombilohnmodell. Dieses sieht vor, dass die Unterstützung durchs AMS nur noch erfolgt, wenn mindestens 30 Wochenstunden gearbeitet wird (bisher waren es 20). „In Wahrheit werden oft Stellen angeboten, bei denen weniger als 30 Wochenstunden gearbeitet wird. Die verfügbaren Stellen verringern sich dadurch“, erklärt Eder. Gleichzeitig werden Frauen benachteiligt, weil in frauendominierten Branchen wie Handel, Gastgewerbe oder Reinigung oft nur Teilzeitjobs angeboten werden.

Kritik äußert der AK-Präsident zudem am erhöhten Förderbetrag. „Schlecht bezahlte Jobs werden subventioniert, um für Arbeitssuchende attraktiver zu sein. Nach Auslaufen der Förderung bleibt der Beschäftigte am schlecht bezahlten Arbeitsplatz zurück. Ziel sollte es vielmehr sein, dass mehr Stellen angeboten werden, die faire Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen garantieren“, erklärt Eder.  

Arbeiten in der Pension kann nicht die Lösung sein

AK-Präsident Eder zeigt wenig Begeisterung für die immer wieder vorgebrachte Forderung nach mehr Anreizen für die Beschäftigung in der Pension. Er weiß: „Arbeiten in der Pension ist vor allem ein Minderheitenprogramm für gutverdienende Angestellte und Selbstständige. Wenn die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern für diese Gruppen weiter reduziert würden, würden vor allem Arbeitgeber:innen und Gutverdiener:innen profitieren. Arbeitnehmer:innen, die es aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen in Kombination mit harten Arbeitsbedingungen oder aufgrund von Langzeitarbeitslosigkeit nicht schaffen, bis zum Regelpensionsalter zu arbeiten, würden hingegen benachteiligt. Auch hier gilt: Die Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden, damit die Menschen länger im Erwerbsleben bleiben und eine höhere Pension erreichen können.“ 

Mit Arbeitszeitverkürzung die Produktivität erhöhen

Eine zentrale Forderung ist eine generelle Arbeitszeitverkürzung. „In unserem Parkhotel zeigen wir mit einem innovativen Modell vor, dass auch in Tourismus und Gastronomie eine 36-Stunden- bzw. 4-Tage-Woche möglich ist. Seit Einführung dieses Arbeitszeitmodells sind die Krankenstände und die Fluktuation erheblich zurückgegangen. Die Beschäftigten arbeiten zwar weniger, sie sind in dieser Zeit jedoch produktiver“, erklärt AK-Präsident Peter Eder. Durch eine Arbeitszeitverkürzung würden sich auch große Potenziale für Arbeitssuchende und Teilzeitbeschäftigte eröffnen. Wird die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich verringert, müssen Arbeitgeber:innen mehr Personen einstellen und dadurch der Weg aus der Arbeitslosigkeit erleichtert. Zudem könnten Frauen, die noch immer die Mehrheit der Teilzeitbeschäftigten bilden, ihre Stunden aufstocken, wenn vollzeitbeschäftigte Männer weniger arbeiten müssten. Die gerechtere Verteilung der informellen Arbeit wäre die Folge. Ein weiterer Vorteil einer Arbeitszeitverkürzung: Wissenschaftliche Begleitungen von Modellbetrieben zeigen, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit zu mehr Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen führt. Männer engagieren sich mehr im Bereich Familie & Haushalt, wodurch Frauen ihre Arbeitszeit ausweiten können.

Abschließend findet AK-Präsident Peter Eder mahnende Worte für den von Bundeskanzler Nehammer angekündigten Lohnnebenkosten-Senkungspfad. „Profitieren würden lediglich die Unternehmen. Die Beschäftigten kämen hingegen zum Handkuss, da in Wahrheit dem Sozialstaat dringend notwendige Mittel entzogen werden“, gibt Eder zu bedenken. Zu erwähnen ist auch, dass die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung mit dem letzten Budget kürzlich bereits um 0,1 Prozent gesenkt worden sind. „Das ist der falsche Weg: In einer Zeit, in der es dringend mehr Mittel braucht, wurden dem AMS Gelder entzogen“, erklärt Eder. „Die Anhebung des Arbeitslosengeldes, die Anpassung an die Inflation und die Erhöhung der Familienzuschläge, die seit 2001 nicht mehr angepasst wurden, sind überfällig. Im Falle eines Jobverlusts droht derzeit die Armutsgefährdung“, weiß Eder und hält fest: „Von einer Senkung der Lohnnebenkosten profitiert letztendlich nur die Wirtschaft, während die Menschen zusätzlich belastet würden.“

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