
Fairness für die Fachkräfte von morgen
Aller Anfang ist schwer. Egal, ob man eine Lehre beginnt oder nach der Schule oder dem Studium ins Arbeitsleben einsteigt. Damit das Ankommen in der Arbeitswelt ein gutes ist, braucht es einen wertschätzenden Umgang mit den jungen Arbeitnehmer:innen. Das heißt auch, dass ihre Rechte eingehalten werden müssen, dass sie korrekt entlohnt werden sowie dass ihre Ausbildung zeitgemäß und qualitativ hochwertig ausgestaltet ist.
Die Arbeiterkammer fordert
- mehr und gute Ausbildungsplätze,
- mehr Beschäftigungschancen
- und Mitbestimmungsrechte für die Jugend!
Das ist nicht fair:
Bereits der Einstieg in eine gute Ausbildung ist schwer: Oft finden Jugendliche nach der Pflichtschule nicht ihren Wunsch-Schulplatz. Und wer nach einer Lehrstelle in einem Betrieb sucht, hat häufig keine Chance.
Zu wenig Lehrstellen
Immer mehr Betriebe ziehen sich aus der Lehrausbildung zurück:
Lehrbetriebe 2013 | Lehrbetriebe 2023 |
---|---|
32.189 | 27.083 |
Aktuell haben mehr als 22.000 Lehrstellensuchende keine Lehrstelle in einem Betrieb!
Stattdessen suchen sie weiter direkt eine Lehre, sind in kürzeren AMS-Schulungen oder haben einen Platz in der überbetrieblichen Lehrausbildung. Von dort aus versuchen sie, in einem Betrieb Fuß zu fassen.Diesen 22.000 jungen Menschen auf der Suche stehen österreichweit weniger als 7.500 offene Lehrstellen gegenüber (Stand: April 2025).
Und auch, wenn es vielleicht in einem Bundesland etwas mehr offene Lehrstellen als in einem anderem gibt: Jugendliche können selbstverständlich nicht unbetreut in Lehrbetriebe am anderen Ende von Österreich geschickt werden.
Hinzu kommt: Selbst wenn es regional ausreichend Lehrstellen gäbe, heißt das nicht, dass jede:r Jugendliche auch eine für sie oder ihn passende Lehrstelle in einer geeigneten Branche bekommt.
Jugendarbeitslosigkeit steigt
Die Folge: In Österreich sind gut 64.000 der 15- bis 24-Jährigen weder in Erwerbstätigkeit noch in Ausbildung oder Training (Stand 2023). Das entspricht 8,7 Prozent der Altersgruppe. Durch das Sozialministeriumsservice wurden 2024 mehr als 5.000 Jugendliche im Rahmen der Ausbildungspflicht bis 18 betreut.
Insgesamt steigt die Jugendarbeitslosigkeit seit mehr als zwei Jahren deutlich stärker als die durchschnittliche Arbeitslosigkeit – von 2022 bis 2024 um 18 Prozent, während die durchschnittliche Arbeitslosigkeit um 12 Prozent gestiegen ist. Die vergangene Bundesregierung hat nicht reagiert, im Gegenteil: Dringend benötigtes Budget und Personal für die aktive Arbeitsmarktpolitik wurden nicht erhöht. Und auch im Programm der neuen Bundesregierung finden sich neben der Absicherung der bestehenden Ausbildungsmaßnahmen keine Offensivmaßnahmen speziell gegen die Jugendarbeitslosigkeit.
Schlechte Erfahrungen in Praktika und ersten Jobs
Dass Jugendliche teilweise regelrecht aus Branchen vertrieben werden, zeigt sich auch in Befragungen. Während rund die Hälfte der Pflichtpraktikant:innen – also Schüler:innen von berufsbildenden Schulen – zufrieden mit den Erfahrungen während des Praktikums ist, sind besonders Jugendliche in den Branchen Tourismus/Gastgewerbe und Handel/Verkauf mit dem Erlebten unzufrieden. In diesen Branchen würde nur ca. ein Drittel der Befragten ein Übernahmeangebot des Praktika-Betriebs annehmen.
Wer junge Arbeitskräfte und Praktikant:innen schlecht behandelt, trägt zum selbstverschuldeten Fachkräftemangel bei. Wer sich über fehlende Fachkräfte beschwert, muss attraktive Arbeitsbedingungen bieten, damit junge Menschen in der Branche Fuß fassen wollen.
Gerechtigkeit muss sein!
Klarer Auftrag an die Bildungspolitik
Jeder junge Mensch hat ein Recht auf jene Bildung und Ausbildung, die sie oder er benötigt. Dabei müssen ihre oder seine individuellen Stärken und Kompetenzen entdeckt und ausgebaut werden können. Wir fordern daher:
- mehr und gute Ganztagsschulen
- bedarfsorientierte Schulfinanzierung („Chancenindex“)
- mehr und bessere Sprachförderung
- mehr Mittel für die Erwachsenenbildung
Dass die Bundesregierung jetzt einen Chancenbonus in der Schulfinanzierung plant, ist ein wichtiger AK Erfolg.
Aktiv gegen Jugendarbeitslosigkeit
Die Unternehmen müssen wieder mehr offene Lehrstellen anbieten.
Zusätzlich fordern wir:
- Mehr finanzielle und personelle Spielräume fürs AMS, um den steigenden Beratungs- und Handlungsbedarf stemmen zu können, gerade auch im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit
- Ausbildung für alle Jugendlichen, die keine betriebliche Lehrstelle bekommen: Unterstützungsangebote für Jugendliche im AMS müssen langfristig abgesichert werden. Das betrifft die überbetriebliche Ausbildung (ÜBA), Stiftungen, Facharbeiter:innen-Intensivausbildungen, aber auch Berufsorientierung und Laufbahnberatung. Der Ausbau unserer Versorgungsbereiche – z. B. in der Langzeitpflege, in der Energieversorgung oder im öffentlichen Verkehr – bietet Chancen auf sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze.
- Finanzielle Ressourcen für die Ausbildung bis 18 besser ausbauen. Das gilt insbesondere für eine Ausweitung des Jugendcoachings und des Programms Ausbildungsfit
Verbesserung und Modernisierung der Lehre
Um möglichst vielen Jugendlichen den Weg zur Lehrabschlussprüfung zu ermöglichen, schlägt die Arbeiterkammer vor, die Lehrabschlussprüfung umfassend zu modernisieren und transparent zu gestalten sowie freiwillige, anrechenbaren Teilprüfungen zur Hälfte der Lehrzeit in allen Lehrberufen einzuführen.
Mehr betriebliche Mitbestimmung für Jugendliche
Die betrieblichen Mitbestimmungsrechte von Jugendlichen müssen abgesichert und ausgebaut werden:
- Der Jugendvertrauensrat als Vertretung für die Anliegen junger Arbeitnehmer:innen muss erhalten bleiben.
- Das gesetzliche Mindestalter von 16 Jahren bei Betriebsratswahlen soll entfallen. Alle jugendlichen Arbeitnehmer:innen sollen den Betriebsrat mitwählen dürfen!