AK-Wiedereinstiegsmonitoring deckt Rückschritte bei Väterkarenz auf
Echte Wahlfreiheit gibt es nur mit Anspruch auf Kinderbildungsplatz
Seit dem Jahr 2006 erhebt das AK-Wiedereinstiegsmonitoring die Erwerbsverläufe und -entwicklungen der Salzburger:innen. In der Langzeitbeobachtung zeigt sich, dass der Anteil der Männer, die in Karenz gehen, seit ein paar Jahren wieder abnimmt. „Diese gesellschaftliche Entwicklung ist für Frauen langfristig extrem nachteilig: Nicht nur, dass Frauen einer starken Doppelbelastung ausgesetzt sind, Familie und Beruf zu vereinbaren. Ihre Einkommen hinken zudem ein Berufsleben lang nach. Am Ende des Arbeitslebens sind Frauenpensionen oft nicht existenzsichernd. Die finanzielle Abhängigkeit vom Partner besteht somit ein Leben lang“, erklärt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder. „Ein gesellschaftliches Umdenken wird es nur geben, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die Fürsorgearbeit für die Kinder partnerschaftlich zwischen den Eltern aufgeteilt wird. Es braucht endlich den Rechtsanspruch auf einen qualitativ hochwertigen und kostengünstigen Platz in einer elementaren Bildungseinrichtung.“ Betreffend die aktuell diskutierten Herdprämie hält Eder fest: „Die Herdprämie zementiert veraltete Rollenbilder ein. Angesichts der angespannten Budgetlage ist sie umso vehementer abzulehnen, da für den wichtigen Ausbau des Bildungsangebots Geld entzogen würde.“
Das aktuelle Wiedereinstiegsmonitoring der AK Salzburg zeigt: Karenz und Kinderbetreuungsgeld sind nach wie vor Frauensache. In 84,7 Prozent der Partnerschaften nehmen Väter keine Kinderauszeit (Monitoring 2022: 83,9 Prozent). Nicht nur die Beteiligung der Väter ist rückläufig, auch die Unterbrechungsdauer sinkt weiter. Nur 0,4 Prozent der Väter gehen länger als 6 Monate in Karenz.
1 Prozent aller Väter nimmt sich eine Kinderauszeit von 3 bis 6 Monaten. Bei 7 Prozent der Paare bezieht der Vater zwar Kinderbetreuungsgeld, unterbricht die Erwerbstätigkeit aber nicht.
Väterkarenz erleichtert den Wiedereinstieg
Studienautorin AK-Frauenreferentin Ines Grössenberger: „Diese Entwicklung ist bedenklich, da eine partnerschaftliche Teilung bei Karenz und Kinderbetreuungsgeld ein echter Turbo für den Wiedereinstieg von Frauen ist. Je länger sich der Partner an der Kinderbetreuung beteiligt, desto früher gelingt der Wiedereinstieg der Frau.“ Wenn der Partner keinerlei Karenz nimmt, sind nur 62,2 Prozent der Frauen zum zweiten Geburtstag wieder erwerbstätig. Geht der Partner zwischen 3 und 6 Monate in Karenz, sind 74,2 Prozent der Frauen zum 2. Geburtstag wieder in ihren Beruf zurückgekehrt.
Durch Babypause und lange Teilzeit sinken Fraueneinkommen langfristig
Obwohl Frauen vor der Kinderauszeit ähnlich viele Arbeitsstunden leisten wie Männer, fällt auf, dass sie bereits vor der Karenz im Durchschnitt weniger verdienen als Männer. Durch die Unterbrechung verstärkt sich der Einkommensunterschied und ist auch Jahre nach der Kinderauszeit kaum aufzuholen. Im Anschluss an die Kinderauszeit arbeiten viele Frauen dann in Teilzeit, um Familie und Beruf vereinbaren zu können. Für Männer ändert sich die Einkommenssituation auch durch eine Kinderauszeit kaum. Vor der Kinderauszeit verdienen 62,7 Prozent der Frauen weniger als 2.500 Euro brutto im Monat. Der Anteil der Männer liegt bei 25,9 Prozent. Im 3. Jahr nach Beginn der Auszeit sind zwar viele Frauen wieder in den Beruf eingestiegen, allerdings nur in Teilzeit. 75,5 Prozent aller Frauen verdienen weniger als 2.5000 Euro brutto monatlich. Bei Männern wirkt sich die Familiengründung hingegen tendenziell positiv aus. Im 3. Jahr nach der Geburt des Kindes verdienen nur 21 Prozent unter 2.500 Euro.
AK-Frauenreferentin Ines Grössenberger: „In einer modernen Gesellschaft muss es Frauen möglich sein, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Dazu gehört, dass die finanzielle Abhängigkeit vom Partner endlich beendet wird.“
Kinderbildung ausbauen, der Bedarf ist längst nicht gedeckt
Oberste Priorität muss laut AK-Präsident Peter Eder der Ausbau der elementaren Kinderbildung haben. „Echte Wahlfreiheit kann es nur geben, wenn es für jedes Kind, für das ein Platz benötigt wird, auch einen Platz gibt“, so Eder. „Hier gibt es für die verantwortliche Politik allerdings noch viel zu tun: In jeder 10. Salzburger Gemeinde gibt es kein Angebot für unter 3-Jährige. Da wundert es nicht, wenn im Betreuungsjahr 2023/24 nicht einmal 30 Prozent der unter 3-jährigen Kinder institutionell betreut wurden.
Bessere Aufteilung durch AK/ÖGB-Familienarbeitszeitmodell
Ein weiterer Baustein zur leichteren Aufteilung der Care-Arbeit wäre die Umsetzung des AK/ÖGB-Familienarbeitszeitmodells. Das Modell sieht vor, dass beide Elternteile ihre Arbeitszeit auf ca. 30 Stunden pro Woche reduzieren. Als finanziellen Ausgleich erhalten beide Elternteile einen steuerfreien Bonus in Höhe von 250 Euro monatlich. Damit sich die Reduktion der Arbeitszeit nicht negativ auf die spätere Pension auswirkt, wären die Sozialversicherungsbeiträge, wie bei der Altersteilzeit, von der Normalarbeitszeit zu berechnen und würden dem Dienstgeber vom AMS teilweise ersetzt werden.
Nein zur Herdprämie
Eine klare Absage erteilt AK-Präsident Eder der andiskutierten Herdprämie: „So lange es zu wenige Kinderbildungseinrichtungen gibt, um den Bedarf auch nur annähernd zu decken, ist es eine Farce von einem Mehr an Wahlfreiheit zu sprechen. Wahlfreiheit kann es nur geben, wenn es für jedes Kind, das einen Betreuungsplatz benötigt, auch einen Platz gibt.“ Für Eder ist klar: „Die angedachte Herdprämie kostet viel Geld, das eigentlich für den Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen benötigt wird.“
Herdprämie als Integrationshemmnis
Gleichzeitig warnt er vor Rückschritten bei der Integration. „In der frühkindlichen Bildung spielt der Spracherwerb eine wesentliche Rolle. Die Herdprämie würde dazu führen, dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache noch häufiger von der Mutter zu Hause betreut werden. Veraltete Rollenbilder, wie sie in Familien mit Migrationshintergrund leider noch häufig gelebt werden, werden dadurch einzementiert und noch viel schlimmer: Mit der Herdprämie sogar gefördert“, erklärt Eder. Im Sinne fairer Bildungschancen für alle Kinder spricht sich der AK-Präsident für ein 2. verpflichtendes Kindergartenjahr aus. „Das Geld wäre hier viel sinnvoller eingesetzt“, ist sich Eder sicher.