5.6.2024

Land muss bei Bildungsgerechtigkeit endlich in die Gänge kommen

Die Gratis-Nachhilfe der AK Salzburg wird regelrecht gestürmt: Obwohl bereits fast 500 Schulkindern damit geholfen werden konnte, stehen 150 Schüler:innen auf der Warteliste. Den steigenden Nachhilfebedarf bestätigt auch eine österreichweite Studie. AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder: „Der Riesenerfolg des LernKompass darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das eigentlich nicht unsere Aufgabe ist. Die AK ist kein Nachhilfeinstitut. Wir wollten der Politik damit einen Anstoß liefern, um auf dieses Projekt aufzuspringen – immerhin findet sich im aktuellen Salzburger Regierungsprogramm ja explizit, dass eine außerschulische Förderung geprüft werden soll. Ich erneuere meine Forderung ans Land und an die zuständige Landesrätin, in diesem Bereich endlich in die Gänge zu kommen.“

Das gestern präsentierte AK-Nachhilfebarometer zeigt, was viele Familien mit Schulkindern spüren: Der Bedarf an Nachhilfe steigt. So erhält im laufenden Schuljahr österreichweit fast jedes zweite Schulkind (49 Prozent) bezahlte oder unbezahlte Nachhilfe. Im Jahr 2023 waren es noch 30 Prozent. In Salzburg verhält sich die Sache kaum anders.

10.000 können sich Nachhilfe nicht leisten

AK-Präsident Peter Eder: „Nach wie vor wird in Österreich Bildung vererbt. Das heißt, der Lernerfolg unserer Kinder hängt von den finanziellen Möglichkeiten des Elternhauses ab. Aus unserer eigenen Nachhilfestudie zum Schuljahr 2022/23 wissen wir: Bei 3 von 10 Schulkindern besteht Nachhilfebedarf, aber nicht jede Familie kann sich das leisten. Konkret haben 19.000 Salzburger Schüler:innen Bedarf, aber nur 9.000 Eltern haben die finanziellen Möglichkeiten dafür.“ Kein Wunder: So sind die Ausgaben für Nachhilfe pro Familie explodiert und lagen im Vorjahr im Durchschnitt bei 820 Euro. „Zusammen mit der Teuerung sind zusätzliche Lernangebote für sehr viele Familien nicht zu stemmen“, so Eder.   

AK-LernKompass: erfolgreich, aber komplett überlaufen

Dass der Bildungserfolg vom Geldbörsel der Eltern abhängt, steht in krassem Gegensatz zur Auffassung der AK von Chancengerechtigkeit. Deshalb hat die Salzburger Arbeiterkammer im Vorjahr gemeinsam mit den Nachhilfeinstitut „LernProfi“ den „AK-LernKompass“ ins Leben gerufen. Dabei erhalten Kinder von AK-Mitgliedern kostenlose Nachhilfe in den Hauptgegenständen Deutsch, Mathematik und Englisch. Je nach Schulstufe und -typ gibt es für die teilnehmenden Schüler:innen in allen Bezirken entweder Lernbegleitung in Kleingruppen oder Online-Einzelcoaching während des laufenden Schuljahres sowie Intensivkurse in den Sommerferien.

Aufgrund des großen Interesses wurde das Projekt heuer fortgesetzt. Bislang konnte in Summe rund 500 Salzburger Schulkindern geholfen werden. „Die Rückmeldungen aus der ersten Tranche waren ausschließlich positiv“ berichtet Hilla Lindhuber, Leiterin der AK-Abteilung für Bildung, Jugend & Kultur, „so haben sich die Noten der Teilnehmer:innen spürbar verbessert und die Eltern haben uns erzählt, dass ihnen der LernKompass wenigstens eine finanzielle Sorge genommen hat.“

Der Pferdefuß ist, dass das Grundproblem bestehen bleibt: Das Angebot kann den Bedarf bei weitem nicht decken. So stehen aktuell 150 Schüler:innen auf der Warteliste. „Bildung und Lernunterstützung sind öffentliche Aufgaben. Da das Bildungssystem dem gesellschaftlichen Wandel aber hinterherhinkt, spielt sich die Nachhilfe hauptsächlich im privaten Bereich und damit sehr kostenintensiv ab. Da muss nun endlich etwas passieren“, bekräftigt AK-Präsident Peter Eder.

AK-Angebot kann verfehlte Bildungspolitik nicht kaschieren

„Diese Zahlen zeigen, dass wir mit unserem Service längst am Plafond angekommen sind“, erklärt AK-Präsident Peter Eder, „ganz abgesehen davon, dass faire Bildungspolitik nicht unsere Kernaufgabe, sondern jene der Landes- und Bundespolitik wäre. Österreich- und damit auch Salzburgweit läuft vieles schief in unserem Bildungssystem. Das müsste die Politik mit entsprechenden Maßnahmen korrigieren, tut sie aber nur notdürftig.“

„Nach unserer Ansicht müssen Elementarbildung und Schule so gestaltet sein, dass sie nicht auf private Ressourcen setzen, sondern allen gleichermaßen Bildungserfolg sichern. Schulen mit vielen Kindern mit großen Herausforderungen brauchen mehr und intensivere Lernsettings, um Kinder aus ressourcenschwachen Familien zu fördern“, ergänzt AK-Bildungsexpertin Hilla Lindhuber.  

Eder erinnert Landespolitik an Regierungsprogramm

„Unser LernKompass zeigt, wie eine Sofortmaßnahme für mehr Bildungsgerechtigkeit funktionieren könnte. Nur allein schaffen wir das nicht, da muss das Land aufspringen und den Ankündigungen Taten folgen lassen“ fordert der AK-Präsident und erinnert die Landespolitik an das aktuelle Regierungsübereinkommen. Darin heißt es unter anderem: „Als Reaktion auf aktuelle Herausforderungen im Bildungsbereich prüfen wir die temporäre, finanzielle Unterstützung einer zusätzlichen, außerschulischen Förderung (Nachhilfeförderung) nach Bedarfsfeststellung der jeweiligen Schule.“

Nachhaltige Massnahmen statt Symptombekämpfung nötig

Darüber hinaus erneuert die AK Salzburg ihre Vorschläge für nachhaltige Maßnahmen, denn Nachhilfe heißt lediglich Symptombekämpfung. Um die Bildungsungerechtigkeit an der Wurzel zu packen, sind strukturelle Impulse notwendig. „Damit meine ich zum Beispiel den Ausbau kostenloser qualitätsvoller, ganztägiger Schulformen, bzw. der Nachmittagsbetreuung, auch im ländlichen Raum. Genau in diesem Punkt – nämlich verschränkte Ganztagesschulen zu forcieren – wären die zuständige Landesrätin Daniela Gutschi und ich ja einer Meinung. Zusätzlich braucht es eine Schulfinanzierung nach dem AK-Chancenindex-Modell. Dabei bekommen Schulen umso mehr Mittel, je mehr Schüler:innen sie haben, denen die Eltern selbst nicht beim Lernen helfen können. Das ist zwar ein Bundesthema, aber das Land könnte diese Forderung unterstützen“, so Eder.

 

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