Kürzungen machen Arbeitsmarkt nicht zukunftsfit
Auch wenn der Salzburger Arbeitsmarkt derzeit noch gut dasteht, läuten für die Arbeiterkammer die Alarmglocken, denn die Arbeitslosigkeit steigt mittlerweile seit 23 Monaten beständig. Darüber hinaus sind der Einbruch des Lehrstellenmarktes sowie steigende Zahlen bei Langzeitarbeitslosigkeit und Arbeitslosigkeit bei Älteren alles andere als gute Nachrichten. „Aber statt Ausbildung zu forcieren, um für den nächsten Konjunkturaufschwung gerüstet zu sein, werden in Wien Kürzungen diskutiert und Neiddebatten auf dem Rücken der Arbeitslosen losgetreten. Die Streichung der Zuverdienstmöglichkeit für Arbeitslose oder Kürzungen beim Arbeitslosengeld sind zynisch und kontraproduktiv“, so AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder.
Im Bundesländervergleich steht Salzburg hinsichtlich Arbeitslosigkeit vergleichsweise noch gut da: Mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von 4,2 Prozent (4,9 Prozent inkl. Schulungsteilnehmer.innen) im Jahr 2024 erreichte unser Bundesland bei diesem Indikator den niedrigsten Wert österreichweit. Bei genauerer Betrachtung besteht für die Salzburger Arbeiterkammer aber kein Grund zum Jubeln. Speziell der Lehrstellenmarkt, aber auch die Zahl der verfügbaren Stellen allgemein, bereiten der AK Sorgen.
Weniger Lehrstellen – mehr Lehrstellensuchende
Im Dezembervergleich 2023-2024 ist die Zahl der Lehrstellen in Salzburg massiv gesunken, und zwar um 393 Stellen. Das bedeutet ein Minus von 37,3 Prozent und stellt damit den stärksten Rückgang in ganz Österreich dar. Gleichzeitig ist die Zahl der Lehrstellesuchenden um 94 Jugendliche nach oben gegangen, das bedeutet ein Plus von knapp über 30 Prozent. Aktuell sind in Salzburg 402 Jugendliche ohne Lehrstelle, demgegenüber stehen 660 offene Lehrstellen. Auf eine offene Lehrstelle kommen also 1,6 Jugendliche. Das ist das schlechteste Verhältnis seit 10 Jahren.
Bemerkenswert: Rund 29 Prozent aller offenen Lehrstellen finden sich im Tourismus. Würde man die Lehrstellen in Gastronomie und Beherbergung ausklammern, kämen bundeslandweit im Schnitt nur mehr 1,3 Jugendliche auf eine offene Lehrstelle.
Lehrstellenmangel im Zentralraum
Betrachtet man den Lehrstellenmarkt nach Bezirken, fällt auf, dass im Zentralraum sogar von einem Lehrstellenmangel gesprochen werden muss. Während es in den südlichen Bezirken aufgrund des Tourismus deutlich mehr sofort verfügbare offene Lehrstellen gibt, sind es in der Stadt Salzburg sogar mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen: Im Pongau etwa kommen auf eine/n Lehrstellensuchende/n 3,6 verfügbare Lehrstellen, während sich in der Stadt Salzburg nur noch 0,7 offene Lehrstellen pro Suchendem/r finden.
Weniger offene Stellen – Aus von Zuverdienst für Arbeitslose zynisch
Nicht nur bei den Lehrlingen, sondern ganz generell geht die Zahl der offenen Stellen im Bundesland Salzburg stark zurück. Im Dezember 2024 standen 15.439 Arbeitslosen (inkl. Schulungsteilnehmer:innen) 7.145 sofort verfügbare offene Stellen gegenüber. Das bedeutet ein Minus von 2.199 oder 23,5 Prozent an offenen Stellen im Vergleich zum Dezember 2023. Auf eine offene Stelle kommen aktuell also 2,2 Arbeitslose. Vor diesem Hintergrund wirkt für die AK die von den blau-schwarzen Koalitionsverhandler:innen in Wien diskutierte Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit für Arbeitslose mehr als zynisch.
Eder: „Man kann die Menschen nicht in den Job zwingen, es braucht die richtigen Angebote und offene Stellen. Jede und jeden kann Arbeitslosigkeit treffen, sei es durch Krankheit, sei es durch Firmenpleiten. Wer der KTM-Mitarbeiter:innen hätte noch vor ein paar Monaten geglaubt, je seinen Job zu verlieren?“
Dass die Streichung der Zuverdienstmöglichkeit für Arbeitslose – in Salzburg sind das rund 7 Prozent aller Arbeitslosen – jetzt automatisch mehr Menschen in Arbeit bringt, bezweifelt der AK-Präsident: „Arbeitslose, die geringfügig beschäftigt sind, machen das, um ihre Familien zu ernähren. Ihnen diesen Zuverdienst zu streichen, fördert Armut und Schwarzarbeit.“
AK fordert Qualifizierung statt Kürzungen
Der Plan, die Bildungskarenz zu streichen, ist für die Salzburger Arbeiterkammer ein falsches Signal. Hier wird die Chance verpasst, ein an sich richtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument für die Zukunft zu reformieren.
„Gerade jetzt, wo die Arbeitslosigkeit steigt, braucht es Investitionen in Qualifizierung“, bekräftigte Eder, „egal, wie die kommende Bundesregierung auch aussehen mag, es müssen ausreichend Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik bereitgestellt werden. Wir fordern von den Betrieben ganz klar eine höhere Bereitschaft ein, Lehrlinge auszubilden, damit der heimische Arbeitsmarkt gut vorbereitet ist, wenn die Konjunktur wieder anspringt. Ansonsten gehen das Jammern über zu wenige Fachkräfte und das Feilschen um eine Erhöhung der Kontingente für Ausländerbeschäftigung wieder los und den heimischen Arbeitslosen ist wieder nicht geholfen.“
AK lehnt degressives Arbeitslosengeld ab
Die AK lehnt Forderungen nach einem degressiven Arbeitslosengeld ab, reicht doch schon die jetzige Nettoersatzrate von 55 Prozent kaum zum Leben. „Bei einem durchschnittlichen, monatlichen Arbeitslosengeldbezug von 1.230 Euro netto, bzw. 972 Euro Notstandshilfe kann man beileibe nicht davon sprechen, dass Nicht-Arbeiten attraktiv sei. Schon gar nicht in einem Hochpreisbundesland wie Salzburg, wo die Lebenserhaltungskosten weit höher sind als anderswo in Österreich, Stichwort Wohnen“, gibt Eder zu bedenken. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang auch, dass die Lebensmittelpreise im Jahresvergleich weit über dem VPI gestiegen sind, wie eine kürzlich präsentierte AK-Erhebung gezeigt hat.
Dass Arbeitslosigkeit alles andere als finanziell attraktiv ist, zeigt auch eine Umfrage der AK Salzburg aus dem Jahr 2021, also noch vor der Rekord-Teuerung: Demnach gaben rund 32 Prozent der Befragten an, mit der Nettoersatzrate von 55 Prozent finanziell gar nicht, weitere 41 Prozent nur sehr schlecht über die Runden zu kommen. So kam es in dieser Gruppe vermehrt zu Problemen bei der Kreditrückzahlung (12,5 Prozent) und Mietrückständen (37,1 Prozent). Auch musste in vielen Fällen das Konto überzogen (25,8 Prozent) und Erspartes aufgebraucht werden.
Ältere und Langzeitbeschäftigungslose als Verlierer
Ein weiteres untrügliches Zeichen für eine drohende Verschlechterung ist, dass in jenen Gruppen, die tendenziell immer Schwierigkeiten hatten, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, Negativtrends festzustellen sind: Die Zahl jener Personen, die länger als ein Jahr ohne Beschäftigung sind, war im Dezember 2024 um fast 27 Prozent höher als noch im Jahr davor.
So ist die Arbeitslosigkeit etwa in der Gruppe der Über-60-Jährigen im Jahresvergleich Dezember 2023-2024 um knapp über 25 Prozent gestiegen, bei 60- bis 64-jährigen Frauen hat sie sich – im Jahresvergleich Dezember 2023-2024 - gar verdreifacht (+194 Prozent). Aufgrund dieser Zahlen, wirken Forderungen nach einem späteren Pensionsantrittsalter für die AK geradezu skurril.
Auch bei der Beschäftigung von Zeitarbeiter:innen, also jenen, die konjunkturelle Probleme als erste zu spüren bekommen, ist ein signifikanter Rückgang zu bemerken: Im Dezemberjahresvergleich um knapp über 10 Prozent.