Krankenkassenreform auf Kosten der westlichen Bundesländer
Im Jänner 2020 wurde die Österreichische Gesundheitskasse gegründet. Drei Jahre danach fällt die Bilanz desaströs aus. Von der Patientenmilliarde ist nichts geblieben. Stattdessen prognostiziert die ÖGK einen österreichweiten Abgang von 1,22 Milliarden bis 2027. Dieses negative Betriebsergebnis wird dadurch geschönt, dass aus den drei westlichen Bundesländern 819 Millionen Euro abgesaugt werden. Würden Salzburg (354 Mio.), Tirol (400 Mio.) und Vorarlberg (65 Mio.) nicht so gut wirtschaften, würden österreichweit über 2 Milliarden Euro fehlen. „Der Zentralisierungswahnsinn der Regierung Kurz muss rückgängig gemacht werden. Mit dem Geld der Salzburger Versicherten könnten zahlreiche wichtige Projekte umgesetzt werden“, so AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder.
Drei Jahre nach Gründung der ÖGK wird immer deutlicher offensichtlich, worauf Kritiker:innen aus der Arbeitnehmer:innenvertretung schon seit Jahren aufmerksam machen: Statt Synergien zu nutzen, ist es zu einer Machtzentralisierung in Wien gekommen. Auf der Strecke bleiben dabei die Interessen der Versicherten in den Ländern. Sie leiden unter zentralem Entscheidungswirrwarr im Verbund mit kompetenz- und ressourcenmäßig ausgehungerten Landesstellen sowie einer weitgehenden Entmachtung der Arbeitnehmer:innenvertretung in der eigenen Krankenkasse. Fraktionsübergreifend fordern daher die AK-Präsidenten Peter Eder, Erwin Zangerl (Tirol) und Bernhard Heinzle (Vorarlberg) die Rückführung elementarer Kassen-Kompetenzen in die Länder und eine Stärkung der regionalen Gesundheitspolitik. Diesbezüglich sprechen sich die AK-Präsidenten für Länderbudgets in Höhe von 10 Prozent der jährlichen Länder-Beiträge aus. Diese sollten für Gesundheitsprojekte im Land reserviert sein und würden für Salzburg aktuell 100 Euro Millionen betragen.
AK-Präsident Peter Eder kritisiert, dass es dem Management der ÖGK auf Bundesebene nicht gelingt, die offensichtlichen Ausgabenungleichgewichte in einzelnen Bundesländern abzustellen. „Ich stehe weiterhin uneingeschränkt zum solidarischen Finanzausgleich. Allerdings gibt es Bundesländer, die anhaltend hohe Defizite produzieren. Es muss ein Ende haben, dass den gut wirtschaftenden westlichen Bundesländern das Geld aus der Tasche gezogen wird“, sagt Eder.
Thomas Kinberger, Obmann der ÖGK-Landesstelle Salzburg, weiß: „Die wirtschaftliche Situation einzelner Landesstellen ist katastrophal. Obwohl mehr als 800 Millionen Euro aus den westlichen Bundesländern abgesaugt werden, wird bis 2027 ein milliardenschweres Defizit produziert“, sagt Kinberger.
Durch Zentralisierung bleibt kein Geld für regionale Projekte
„Dem Management der ÖGK gelingt es nicht, das Ausgabenungleichgewicht einzelner Bundesländer abzustellen. Stattdessen wird ungeniert in die Taschen jener Bundesländer gegriffen, die in der Vergangenheit ordentlich gewirtschaftet haben“, sagt Kinberger und fährt fort: „Auf der Strecke bleiben Gesundheitsprojekte und die Weiterentwicklung der Versorgung auf regionaler Ebene.“
Kinberger nennt in diesem Zusammenhang die Top-5-Projekte, die mit einem regionalen Salzburg-Budget umgesetzt werden könnten.
- Multiprofessionelles Versorgungszentrum Salzburg Stadt (Fachärzte, Schmerz-, Wundversorgung und Tinnitus-Ambulanzen, Palliativversorgung), 20 Millionen Euro
- Bessere psychosoziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen, 2,5 Millionen Euro
- Ausbau der Gesundheitsversorgung in Seniorenheimen, 1,5 Millionen Euro
- Ausbau der kinderärztlichen Versorgung zu Tagesrandzeiten und am Wochenende, 1,5 Mio Euro
- Diabetes-Zentrum, 20 Millionen Euro
AK-Präsident Peter Eder kritisiert zudem, dass durch die maximale Zentralisierung die Anbindung der Systempartner:innen wie Ärztekammer, Landesgesundheitsreferent:innen, regionalen Interessenvertretungen und Gesundheitsdienstleister:innen nicht mehr möglich ist. „Den Bundesländern fehlt zunehmend der Handlungsspielraum bei der Besetzung von Kassenärzten in den ländlichen Regionen, wodurch die Versorgung der Patientinnen und Patienten leidet“, erklärt Eder.
Als Negativbeispiel ruft ÖGK-Landesstellenobmann Kinberger die Aufnahme in die Kassenleistung eines dringend benötigten MR-Geräts in Bischofshofen in Erinnerung. „Die Aufnahme hat sich um zwei Jahre verzögert, weil sich ein Wiener Entscheidungsträger auf ein altes Gutachten bezogen hat. Die zuständigen Fachbereiche wiederum befinden sich in Oberösterreich und Vorarlberg. Keiner dieser Entscheidungsträger:innen war je vor Ort. Während dieser Zeit mussten die Versicherten 250 Euro je Untersuchung aus eigener Tasche bezahlen. In der SGKK wäre die Umsetzung in maximal zwei Monaten erledigt gewesen.“
Abschließend hält AK-Präsident Eder fest: „Ich hoffe, dass diese nunmehrige gemeinsame Initiative der AK-Präsidenten und der ÖGK-Obmänner aus Salzburg, Tirol und Vorarlberg ein Weckruf für die Verantwortlichen ist. Schließlich könnten zahlreiche Kompetenzen durch einfache Beschlüsse des ÖGK-Verwaltungsrats nach Salzburg rückgeführt werden. Die Interessen der Landesstellen müssen jedenfalls wieder einen höheren Stellenwert bekommen.“