8.8.2025

Jede:r 2. Jugendliche klagt über psychische Beschwerden

45 Prozent der jungen Salzburger:innen berichten über psychische, rund ein Viertel über körperliche Beschwerden. So das Ergebnis einer FORESIGHT-Studie im Auftrag der Arbeiterkammer Salzburg. Erschöpfung, Gereiztheit, aber auch Mobbing – online wie offline – zählen zu den Hauptbelastungen. Auch die Gesundheitsvorsorge ist oft Stiefkind, ein Drittel der jungen Menschen in Salzburg war noch nie bei einem Gesundheitscheck. AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder: „Angesichts dieser besorgniserregenden Zahlen braucht es neben einem Ausbau der medizinischen und psychosozialen Angebote in unserem Bundesland auch verstärkt niederschwellige und leicht zugängliche Anlaufstellen im schulischen Bereich.“ Hier besteht für die AK akuter Handlungsbedarf, denn derzeit fehlt an 73 Salzburger Schulen sogar die schulärztliche Betreuung.     

Das FORESIGHT-Institut hat im Auftrag der Salzburger Arbeiterkammer rund 850 Salzburger Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren online befragt. „Ziel war es, Erkenntnisse über ausgewählte Aspekte der Gesundheit und des Gesundheitsverhaltens von jungen Salzburger:innen zu gewinnen. Im Vordergrund standen Fragen, wie junge Menschen ihren körperlichen und seelischen Gesundheitszustand einschätzen, bzw. wie häufig Beschwerden eintreten, aber auch, wie sich Salzburgs Jugendliche über gesundheitsbezogene Themen informieren und inwieweit sie über Möglichkeiten von Unterstützung und Hilfe verfügen“, so Ingrid van Tijn aus der Sozialpolitischen Abteilung der AK zum Studiendesign.

Soziale und geschlechtsspezifische Unterschiede

Die Befragung zeigt, dass es vielen Salzburger Jugendlichen alles andere als gut geht: 45 Prozent der Befragten klagen über psychische Beschwerden, rund 25 Prozent über körperliche Probleme. Dabei zeigen sich soziale und geschlechtsspezifische Unterschiede: Etwa 80 Prozent der Jugendlichen aus Haushalten mit höherem und durchschnittlichem Einkommen (ab 2.968 Euro netto monatlich) berichten von einer guten körperlichen Gesundheit, jedoch nur halb so viele (39 Prozent) aus Haushalten mit niedrigerem Einkommen. Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Schmerzen des Bewegungsapparates werden hier am häufigsten genannt – jede/r Fünfte war in den 6 Monaten vor der Befragung davon betroffen.

In punkto psychischer Gesundheit ist auch ein Gender-Gap festzustellen: 68 Prozent der jungen Salzburger, aber nur 43 Prozent der Salzburgerinnen schätzen ihre seelische Verfassung als gut ein. Am weitesten verbreitet sind in diesem Zusammenhang Erschöpfung und Gereiztheit: 38 Prozent waren mehrmals oder täglich erschöpft, 32 Prozent gereizt. Generell berichten 50 Prozent der jungen Männer und 62 Prozent der jungen Frauen von zumindest einer Beschwerde (Erschöpfung, Gereiztheit, Angst, Hoffnungslosigkeit oder Einsamkeit).

Hohe Gewaltbelastung durch Mobbing & Co

Die Ergebnisse der Befragung weisen auch ein hohes Maß an Gewaltbelastung aus: Mobbing, Beschimpfungen, sexuelle Belästigung, Drohungen, Veröffentlichung von Bildern und Verbreitung von Gerüchten – online wie offline – werden speziell von jungen Frauen aus einkommensschwachen Familien als besonders schwerwiegende Probleme beschrieben.

So haben 59 Prozent davon zumindest eine Form der Gewalt gelegentlich oder oft erlebt: davon 20 Prozent durch sexuelle Belästigung, 16 Prozent durch Mobbing sowie 10 Prozent durch Drohungen und körperliche Gewalt. Bei Gewalterfahrungen im Internet haben 37 Prozent zumindest eine Form der Gewalt bereits gelegentlich oder oft erlebt.  

Vielen fehlt emotionale Unterstützung

Ausreichende Unterstützung im Familien- oder Freundeskreis, um ihren Problemen zu begegnen, finden rund 70 Prozent der Jugendlichen. Die übrigen befragten Jugendlichen bekommen zu wenig oder gar keine Hilfe in ihrem sozialen Umfeld. Auch hier ist ein Unterschied hinsichtlich der Herkunft zu bemerken: „Bei jenen aus Haushalten mit niedrigem Einkommen bekommen 28 Prozent überhaupt keine Unterstützung, bei jungen Menschen aus Familien mit höherem Einkommen sind es vergleichsweise nur 13 Prozent“, berichtet AK-Expertin van Tijn.

Gesundheitsvorsorge und Wissen mangelhaft

Weitere Details aus der Studie zeigen, dass die Gesundheitsvorsorge bei den jungen Salzburger:innen lückenhaft ist: So war jede:r Dritte noch nie bei einem Gesundheitscheck und lediglich 65 Prozent gehen zumindest einmal pro Jahr zur zahnärztlichen Kontrolluntersuchung.

Auffallend ist das vielfach fehlende Wissen über Hilfe, speziell im psychosozialen Bereich, weiß van Tijn: „Nur 4 von 10 jungen Männern und 6 von 10 jungen Frauen wissen über professionelle Unterstützungsmöglichkeiten bei psychischen Beschwerden Bescheid. Auch hier ist ein sozialer Gap ersichtlich – nur 20 Prozent der Jugendlichen aus einkommensschwächeren Haushalten kennen Möglichkeiten von Hilfsangeboten, gerade diese Gruppe ist jedoch von psychischen Beschwerden besonders betroffen.“

Zu wenig schulärztliche und -psychologische Versorgung

Klaren Verbesserungsbedarf ortet die Salzburger Arbeiterkammer beim Thema ‚Schulische Gesundheitsversorgung‘. Lediglich 60 Prozent der Schüler:innen berichten, dass sie regelmäßig eine Schulärztin oder einen Schularzt zur Verfügung haben. Dazu passt, dass an 73 Salzburger ein schulärztliches generell Angebot fehlt.

Auch bei der schulpsychologischen Versorgung herrscht Aufholbedarf: So sind österreichweit lediglich 195 Schulpsycholog:innen tätig (in Salzburg laut Bildungsdirektion 18). Damit liegt Österreich international weit hinten: Herrscht hierzulande ein Betreuungsverhältnis zwischen Schulpsycholog:in und Schüler:in von etwa 1:1.600 vor, beträgt diese Relation etwa in Dänemark 1:800. In Schweden beispielsweise verfügt nahezu jede Schule über eine:n fix angestellte Psycholog:in.

Was es für mehr Jugendgesundheit braucht   

Um sowohl den genannten seelischen, als auch körperlichen Problemen Jugendlicher entgegenzuwirken, braucht es nach Ansicht der Salzburger Arbeiterkammer ein ganzes Maßnahmenbündel. „Es gilt, flächendeckende und leicht zugängliche Gesundheitsangebote und Anlaufstellen zu schaffen, um allen Jugendlichen – unabhängig vom finanziellen Background des Elternhauses – ausreichende Informationen zur Gesundheitsvorsorge und -erhaltung zu bieten. Hier könnte das Land Salzburg einen ersten, wichtigen Beitrag leisten, indem wirklich alle Schulen zumindest mit eigenen Schulärzt:innen ausgestattet werden“, so AK-Präsident Peter Eder.

Darüber hinaus braucht es von Bund und Land unter anderem:

  • Psychotherapie als Kassenleistung
  • Errichtung von niederschwelligen und multiprofessionellen Versorgungszentren für Kinder und Jugendliche in allen Versorgungsregionen
  • Verstärkte Informationskampagnen zur psychosozialen Gesundheit und Unterstützungsangeboten in den sozialen Medien und an den Schulen
  • Übernahme des noch laufenden Bundesprojektes „Gesund aus der Krise“ in die Regelversorgung
  • Ausbau der schulischen Gesundheitsversorgung durch Integration von Gesundheitsteams in allen Schulen, bestehend aus Schulärzt:innen, Psycholog:innen, Sozialarbeiter:innen und Schulkrankenschwestern. In Wien läuft bereits seit 2022 ein entsprechendes, sehr erfolgreiches Modell mit dem Pilotprojekt ‚School Nurses‘
  • Fixe Verankerung von Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen in den Lehrplänen, um über Themen, wie z.B. Mobbing, Gewaltprävention, gesunde Lebensführung und kindergerechte Digitalisierung verstärkt aufzuklären
  • Einrichtung einer externen Mobbing- und Gewaltpräventionsstelle für Kinder, Jugendliche und deren Eltern, angelehnt an das oberösterreichische Modell ‚Kinder- und Jugendanwaltschaft OÖ – Mobbing- und Gewaltpräventionsstelle‘

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