Jede:r 2. Beschäftigte in Salzburg geht krank arbeiten
Besorgniserregende Ergebnisse liefern der AK-Arbeitsklima Index und Gesundheitsmonitor: Demnach geht jede:r zweite Salzburger:in krank arbeiten. Dazu kommt bei vielen der regelmäßige Gebrauch von Medikamenten, Beruhigungs- oder Aufputschmitteln, um ihrem Beruf nachgehen zu können. Jede/r Vierte glaubt nicht, gesund bis zur Pension arbeiten zu können. „Es kann und darf nicht sein, dass Menschen krank oder nur unter Einnahme von Präparaten in die Arbeit gehen“, warnt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder, „der Arbeitsschutz und kostenlose psychosoziale Angebote müssen rasch ausgebaut werden!“
Morgen, am 10. Oktober 2024, ist der Welttag der psychischen Gesundheit. Vor diesem Hintergrund informiert rdie Arbeiterkammer, wie es um das psychische Befinden der Salzburger Beschäftigten im Job steht. Aktuelle Befragungsergebnisse dazu geben mehr als nur Anlass zur Sorge.
Psychische Belastungen treffen jede:n 4. Beschäftigten
Aktuelle AK-Analysen wie Arbeitsklima Index und Gesundheitsmonitor zeichnen ein düsteres Bild: „Demnach fühlt sich jede/r vierte Salzburger:in im Job sehr stark durch Zeitdruck belastet. Rund 25 Prozent der Befragten litten in den letzten Wochen vor der Befragung an Erschöpfung und Ermüdung. Und fast jede/r Dritte sagt, auch zu Hause an die Arbeit zu denken und nicht abschalten zu können“, berichtet Karin Hagenauer, AK-Arbeitspsychologin und Leiterin des Referats für Arbeitsbedingungen und ArbeitnehmerInnenschutz.
Anhand der Befragungsergebnisse verwundert es nicht, dass mittlerweile ein Viertel der Arbeitnehmer:innen nicht glaubt, gesund bis zur Pension durchhalten zu können.
Phänomen ‚Präsentismus‘ breitet sich rasant aus
Dass Menschen trotz Krankheit in die Arbeit gehen, ist leider nichts Neues. Aber die Entwicklung in Richtung Massenphänomen gibt Anlass zur Sorge. „Mehr als die Hälfte der befragten Salzburger:innen (54 Prozent) gab an, im letzten halben Jahr trotz akuter Erkrankung gearbeitet zu haben“, so Hagenauer und gibt zu bedenken, dass krank zu arbeiten durch Homeoffice auch „einfacher“ geworden sei.
Aber was sind die Gründe für Präsentismus? „Die Hauptgründe liegen im ‚Pflichtgefühl‘ gegenüber Kolleg:innen oder in der Angst, dass Arbeit liegen bleibt und danach noch mehr Stress wartet sowie darin, dass einfach keine Vertretungsmöglichkeit besteht. Nur ein kleiner Teil der Befragten geht krank in die Arbeit, weil betriebliche Konsequenzen zu befürchten sind.“, erklärt AK-Expertin Hagenauer.
Konsum von Medikamenten salonfähig
Um den Arbeitsalltag überhaupt bewältigen zu können, spielt der Konsum von Medikamenten eine große Rolle, wie die Ergebnisse im Arbeitsgesundheitsmonitor 2023 verdeutlichen. Demnach haben
- 55 Prozent Mittel gegen Grippe bzw. grippale Symptome eingenommen.
- 41 Prozent sonstige Schmerzmittel eingenommen.
- 18 Prozent Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingenommen (z.B. Diazepam, Zolpidem, Halcion, Neuroleptika aber auch Cannabis).
- 13 Prozent Aufputschmittel und Mittel zur Leistungssteigerung eingenommen (z.B. Kokain, Ecstasy, Amphetamine).
‚Gute Arbeit‘ als Prävention
Ein geeignetes Konzept bzw. ein Gegenentwurf zu diesen alarmierenden Ergebnissen liegt vor und lautet ‚Gute Arbeit‘. „Also eine menschengerechte Arbeit, die nicht krank macht, in der die Arbeitsbelastungen begrenzt werden und wo effektiver Arbeitnehmer:innenschutz gelebt wird. Das ist die beste Prävention gegenüber dem Phänomen Präsentismus“, so Hagenauer.
„Der Welttag der psychischen Gesundheit muss sensibilisieren, dass psychische Belastungen und Erkrankungen nicht ein Einzelschicksal sind, sondern dass es Lebens-, wie auch Arbeitsbedingungen gibt, die psychische Erkrankungen begünstigen“, ergänzt AK-Präsident Peter Eder, „deshalb muss die Arbeitsumgebung so gestaltet sein, dass Erschöpfung, Schlafstörungen oder Medikamentenmissbrauch gar keine Chance haben.“
Arbeitsschutz und psychosoziale Angebote ausbauen
Der AK-Präsident sieht aber auch den Gesetzgeber in der Pflicht, bestehende Regelungen zum Arbeitsschutz auszubauen. „Es braucht höhere, präventiv wirkende Strafen bei Überschreitung und Missachtung von Schutzbestimmungen“, sagt Eder. Zudem fordert die Salzburger Arbeiterkammer, die personellen Ressourcen des Arbeitsinspektorates aufzustocken, um die Einhaltung der Schutzbestimmungen zu überprüfen.
Im außerbetrieblichen Kontext regt Eder den flächendeckenden Ausbau kostenloser psychosozialer Angebote an: „Jeder psychisch belastete und kranke Mensch muss das Recht auf stationäre oder ambulante Versorgung haben.“