Frauen und Männer: Eh schon gleichberechtigt?
„Wozu Frauenpolitik? Frauen sind doch eh schon gleichberechtigt!“, sagen viele Menschen. Aber ist das wirklich so?
Der aktuelle Gleichstellungsindex zeigt für unser Bundesland Licht und Schatten: Zwar liegt die durchschnittliche Salzburger Gemeinde im Bundesländervergleich auf Platz 2, mit 53 Prozent ist die Gleichstellung hierzulande aber erst knapp zur Hälfte verwirklicht. Spitzenwerte werden bei Bildung und Gewaltschutz erreicht. Bei Einkommen und Erwerbstätigkeit hat Salzburg hingegen viel Aufholbedarf. Unter den Top 20 Gemeinden österreichweit liegen beispielsweise die Stadt Salzburg und Hallein sowie Golling und Zell am See im ländlichen Raum. AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder: „Um die große Lücke in Sachen Gleichstellung zu schließen, braucht es etwa mehr Lohntransparenz, eine finanzielle Aufwertung frauendominierter Berufe und Anreize für eine bessere Aufteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern.“
Der Gleichstellungsindex von Arbeiterkammer und Städtebund, der die Gleichstellung von Frauen und Männern auf Gemeindeebene mittels 9 Dimensionen und 23 Indikatoren misst, zeigt für Salzburg ein durchwachsenes Bild. Von den möglichen 100 Indexpunkten erreicht die durchschnittliche Salzburger Gemeinde 53. Damit liegt unser Bundesland österreichweit zwar am 2. Platz hinter Wien (77), allerdings mit Respektabstand von 24 Indexpunkten.
Der Bundesdurchschnitt beträgt 49 Indexpunkte, Schlusslichter sind Kärnten und Oberösterreich mit einem Wert von 45.
„Einen absoluten Top-Wert in Sachen Gleichstellung erreicht die durchschnittliche Salzburger Gemeinde im Bereich Bildung“, berichtet AK-Frauenreferentin Ines Grössenberger, „hier belegt unser Bundesland mit 82 Indexpunkten österreichweit den Spitzenplatz (Bundesschnitt 75 IP).“
Ebenfalls gute Werte zeigen sich beim Gewaltschutz (Frauenhäuser, Frauen- und Männerberatungsstellen) auf Bezirksebene: Hier erreicht Salzburg den 2. Platz nach Wien mit 74 Indexpunkten (Wien 100 IP).
In der Dimension Einkommen erreicht die durchschnittliche Salzburger Gemeinde einen Wert von 17 Indexpunkten (Bundesschnitt 19 IP) und damit im Bundesländervergleich nur Rang 6. Grössenberger: „Das beweist, dass der Gender-Pay-Gap in Salzburg höher ausfällt als im Bundesschnitt. Hierzulande beträgt der Einkommensunterschied zwischen unselbstständig beschäftigten Frauen und Männern 37,2 Prozent, weibliche Beschäftigte verdienen also um knapp 1.100 Euro weniger pro Monat.“ (Das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen von unselbstständig erwerbstätigen Frauen beträgt 1.789 Euro, bei Männern 2.848 Euro, 14mal/Jahr).
Beim Thema Erwerbstätigkeit liegt Salzburg mit einem Wert von 50 Indexpunkten genau im Österreichschnitt. „Hier geht es hauptsächlich um den Unterschied in den Teilzeit-Quoten zwischen Frauen und Männern, der nach wie vor sehr hoch ausfällt“, so die AK-Expertin. Denn 52 Prozent der Frauen im Bundesland Salzburg arbeiten Teilzeit, aber nur 10,4 Prozent der Männer.
Licht und Schatten sind für Salzburg im Bereich Kinderbildung und -betreuung, bzw. Vereinbarkeit von Beruf und Familie festzustellen: Zwar liegt die durchschnittliche Salzburger Gemeinde mit 63 Indexpunkten auf Platz 2 im Bundesländervergleich, allerdings mit einem Abstand von 30 Indexpunkten zum Spitzenreiter Wien und immer noch sehr weit von den zu erreichenden 100 Indexpunkten entfernt.
Der Fokus liegt hier auf den VIF-konformen Krabbelgruppen und Kindergärten (Öffnungs- und Schließzeiten sind mit einem Vollzeitjob eines oder beider Elternteile kompatibel). „Unsere aktuelle Studie zur elementaren Kinderbildung- und -betreuung im Betreuungsjahr 2023/24 ergibt, dass lediglich 37,5 Prozent aller Einrichtungen in Salzburg VIF-konform und damit bei weitem nicht flächendeckend vorhanden sind“, erklärt AK-Expertin Grössenberger, „die oftmals hohen Elternbeiträge finden bei der Berechnung diese Subindex allerdings keine Berücksichtigung.“
„Die bestehende Einkommensschere zwischen Männern und Frauen sowie die hohe Teilzeitquote von Frauen aufgrund viel unbezahlter Sorgearbeit sind hauptverantwortlich dafür, dass Frauen oftmals in finanzieller Abhängigkeit leben und im Alter von Armut bedroht sind“, sagt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder. Daher braucht es für ihn ein Bündel an Maßnahmen, wie etwa:
Diese soll Transparenz bei Einkommen schaffen und ermöglicht den Arbeitnehmer:innen – allerdings nur bei lückenloser Umsetzung – gegen ungleiche Bezahlung besser vorgehen zu können.
Zur Verringerung der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen bedarf es einer finanziellen Aufwertung von Frauenerwerbstätigkeit. Denn frauendominierte Berufsbilder werden schlechter bezahlt und dies, obwohl sie vielfach systemrelevant und unersetzbar für die Gesellschaft sind. „Damit meine ich die immens wichtige Arbeit von beispielsweise Elementarpädagoginnen, Beschäftigte im Supermarkt oder Reinigungspersonal in Krankenhäusern und öffentlichen Einrichtungen“, gibt AK-Präsident Eder zu bedenken.
Damit echte Wahlfreiheit für viele nicht länger ein Fremdwort bleibt, braucht es einen weiteren Ausbau flächendeckender, qualitätsvoller und leistbarer Elementarbildungseinrichtungen anhand der VIF-Kriterien sowie einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz ab dem 1. Lebensjahr.
Ebenso braucht es Maßnahmen, um bezahlte und unbezahlte Arbeit (Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Haushalt etc.) besser zwischen Männern und Frauen aufteilen zu können. Hier gäbe es ein Anreizmodell, welches die Umverteilung forcieren könnte: „Nämlich das AK/ÖGB-Familienarbeitszeitmodell, nach dem beide Elternteile zwischen 28 und 32 Stunden arbeiten und dafür pro Person 350 Euro monatlich erhalten“, beschreibt AK-Präsident Peter Eder.
Im Österreichvergleich zählen folgende Salzburger Gemeinden zu den Top 20: Stadt Salzburg, Hallein und Puch in der Kategorie Zentralraum sowie St. Johann, Zell am See, Golling und Kaprun im ländlichen Raum.
Die Top-Gemeinden haben eines gemeinsam, weiß AK-Expertin Ines Grössenberger: „Eine gut ausgebaute Infrastruktur in den Bereichen Gewaltschutz in Form von Frauen- und Männerberatungsstellen sowie Frauenhausplätzen, VIF-konforme Elementarbildungsplätze, einen geringeren Gender-Pay-Gap und meist auch eine gute gesundheitliche Versorgung mit Gynäkolog:innen und Urologen mit Kassenvertrag im Bezirk.“
„Dass manche Gemeinden in Sachen Gleichstellung wesentlich weiter sind als andere, ist kein Naturgesetz, sondern oft auch Zeichen des politischen Willens und der Prioritätensetzung“, so AK-Präsident Eder abschließend.
© 2025 AK Salzburg | Markus-Sittikus-Straße 10, 5020 Salzburg, +43 (0)662 86 87