"Wir lassen uns die Angriffe auf Beschäftigte nicht gefallen"

Nachdem in den vergangenen Jahren heimische Betriebe mit Coronahilfen und Energieunterstützungen teils massiv überfordert wurden, sollen jetzt die Beschäftigten zur Kasse gebeten werden – zumindest wenn es nach wirtschaftsliberalen Vordenker:innen geht. „Aktuell ist geradezu ein Generalangriff auf den heimischen Sozialstaat wahrnehmbar“, stellt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder fest. „Die Sozialbeiträge der Arbeitgeber sollen gesenkt und der Sozialstaat ausgehöhlt werden. Gleichzeitig werden die Rufe nach längeren Arbeitszeiten und einer Sonntagsöffnung lauter. Diese Angriffe werden sich die Beschäftigten nicht gefallen lassen. AK und ÖGB stehen an ihrer Seite“, so Eder.

„Was ist denn eigentlich mit den Arbeitgebern los?“, fragt sich AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder anlässlich des 1. Mai 2024. „In den vergangenen Jahren haben die Beschäftigten mit ihren Steuerzahlungen dazu beigetragen, dass in der Corona- und der Energiekrise milliardenschwere Wirtschaftshilfen geflossen und die Gewinne trotze Krisenstimmung hochgeblieben sind. Zum Dank stellt die Wirtschaft jetzt die hart erkämpften Errungenschaften des Sozialstaats in Frage und möchte diese am liebsten alle abschaffen, um die Gewinne weiter zu erhöhen“, erklärt Eder. 

AK und ÖGB erinnern in diesem Zusammenhang auch an die jüngere Vergangenheit: „Nach der Einführung des 12-Stunden-Tages, bzw. der 60-Stunden-Woche im Zuge der Arbeitszeitreform unter türkis-blau oder der Zerschlagung unseres gut bewährten Krankenkassensystems, verkauft als mittlerweile erwiesener ‚Etikettenschwindel Patientenmilliarde`, der sogar von der damals zuständigen Ministerin vor kurzem als ‚PR-Gag‘ bezeichnet wurde, erleben die Angriffe auf die Arbeitnehmer:innen jüngst eine unappetitliche Neuauflage“, sagt Eder.

No-Go 1: Sozialbeiträge der Arbeitgeber senken

Besonders laut ist aktuell der Ruf der Wirtschaft nach einer Abschaffung der Sozialbeiträge der Arbeitgeber – von der Wirtschaft oft irreführend als „Lohnnebenkosten“ bezeichnet. Mit diesen wichtigen Beiträgen werden Pensionen, Gesundheitsversorgung und Krankengeld, Arbeitslosengeld, Unfallversicherung, Lohnzahlungen bei Pleiten des Arbeitgebers, Abfertigungen, leistbarer Wohnraum, Familienbeihilfe, Schulen, öffentlicher Verkehr und vieles mehr finanziert. Die seitens der Wirtschaft geforderte Senkung der Beiträge hätte somit drastische Folgen. Eder: „Wenn die Betriebe weniger Sozialbeiträge zahlen, bringt das den Beschäftigten rein gar nichts. Letztendlich würden sie für Leistungen zur Kasse gebeten, die bislang von Dienstnehmern und Dienstgebern gemeinsam finanziert wurden.“ 

Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund sind dafür, dass der Faktor Arbeit entlastet wird, aber so, dass die Beschäftigten davon profitieren. „Finanziert aber eben nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer:innen durch eine Kürzung der Sozialleistungen, sondern etwa durch eine Wertschöpfungsabgabe oder eine Maschinensteuer“, fordert Eder.

No-Gos 2+3: erhöhungen bei Arbeitszeit und Pensionsantritt

Aber auch anderen Angriffsflanken auf die Rechte der Beschäftigten erteilt der AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzende eine klare Absage: „Die Forderung nach einer Erhöhung der Arbeitszeit bringt niemandem etwas. Mit rückschrittlichen Forderungen wird unser Wirtschaftsstandort nicht zukunftsfähig. Der Wirtschaftsstandort Österreich ist geprägt von einer hohen Produktivität und fleißigen, erstklassigen Fachkräften. „Anstatt die Arbeitnehmer:innen mit einer Ausdehnung der Arbeitszeit zu benachteiligen, sollte man bedenken, dass gute Arbeitsbedingungen die Produktivität steigern. Mit alten Rezepten auf neue Herausforderungen zu reagieren, ist kein zukunftsfähiges und nachhaltiges Modell der Standortpolitik“, sagt Eder. 

Hinzu kommt, dass die Arbeitnehmer:innen in Österreich allein im letzten Jahr knapp 47 Millionen Überstunden ohne Geld- oder Zeitausgleich geleistet haben. So ist jede vierte Überstunde in Österreich unbezahlt. „Wer ständig zu viel arbeitet und immer dieser Belastung ausgesetzt ist, gefährdet seine Gesundheit“, erklärt Eder, „unser aktueller Arbeitsklima Index zeigt nämlich, dass jede/r vierte Beschäftigte in Salzburg nicht glaubt, gesund bis zur Pension arbeiten zu können, hier ist bereits Feuer am Dach – da darf nicht noch mehr Öl hineingegossen werden. Der Gipfel ist, dass auch noch gefordert wird, das Pensionsantrittsalter anzuheben – nicht mit uns!“

No-Go 4: Sonntagsöffnung im Handel

Dass Teilen der Wirtschaft sprichwörtlich nichts „heilig“ ist, zeigt die erneut aufgeflammte Diskussion und die Sonntagsöffnung im Handel. Eder: „Wir müssen endlich über kürzere Arbeitszeiten reden und nicht über noch längere. Eine Ausweitung der Öffnungszeiten bringt zahlreiche Belastungen für die vor allem weiblichen Beschäftigten im Handel. Das bedeutet Probleme mit der Kinderbetreuung, gefährdet ein geregeltes Familienleben und verkürzt dringend benötigte Ruhepausen und Freizeit. Dass die Beschäftigten im Handel durch die Profitgier mancher Unternehmen noch weiter unter Druck gesetzt werden, werden Arbeiterkammer und Gewerkschaften zu verhindern wissen. Das sind wir den Arbeitnehmer:innen schuldig“, bekräftigt Peter Eder.

Arbeitslosengeld erhöhen

Nicht Kürzungen, sondern Erhöhungen, bzw. Investitionen sind nach Ansicht von AK und ÖGB das Gebot der Stunde. Zum Beispiel beim Arbeitslosengeld, denn: Die aktuellen Arbeitslosenzahlen geben keinen Anlass zur Freude – im Gegenteil. Mit Mitte April ist die Arbeitslosigkeit in Salzburg zum 15 Mal in Folge (!) gestiegen. Gleichzeitig ist die Zahl der offenen Stellen gesunken. Mitte April waren 13.500 Personen arbeitslos gemeldet und weitere 2.300 in AMS-Schulungen – in Summe ein Plus von 1500 bzw. mehr als 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Problem dabei: Für Menschen, die per 1. März arbeitslos geworden sind, wird zur Berechnung großteils das Jahr 2022 verwendet. Damals waren die Löhne und Gehälter noch nicht an die massive Inflation angepasst. Das Momentum Institut hat berechnet, dass sich dadurch de facto eine Nettoersatzrate von 51 Prozent ergibt, und nicht die oft kolportierten 55 Prozent.

„Um die wachsende Zahl an Arbeitslosen in Zeiten der Rekordteuerung vor Armut zu schützen, ist eine Erhöhung des Arbeitslosengelds das Gebot der Stunde“, fordert AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder, „de facto bekommen sie nicht einmal die immer wieder genannten 55 Prozent des Letzteinkommens, sondern im Schnitt nur 51 Prozent.“ Die Erhöhung sei zudem notwendig, um die Kaufkraft zu stärken, die Konjunktur wieder anzukurbeln und eine Trendwende am Arbeitsmarkt einzuläuten. 

„Die aktuellen Entwicklungen zeigen klar, dass Respekt und Wertschätzung gegenüber den Arbeitnehmer:innen für Teile der Wirtschaft und Industrie nach wie vor Fremdworte sind. Diesen Generalangriff auf die Interessen der Beschäftigten werden weder die Menschen noch wir hinnehmen“, bekräftigt Eder abschließend.

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